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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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unserem inneren (dem eigentlich magischen) Auge, durch unsere Einbildungskraft. An die<br />

Stelle äußerer Sinnlichkeit tritt der innere Sinn. Weltinnenraum tut sich auf, und Räume,<br />

die uns sonst verschlossen geblieben wären. Ich weiß kaum etwas, wo lebendige Sprache<br />

– das große Weltzentrum uns näher wäre als beim Hörspiel.<br />

Genug – bevor ich Sie, bestens mit der Kunstform Hörspiel Vertraute, weiterhin damit<br />

behellige, was ich mir – ziemlich unkonventionell sicher – unter Hörspiel vorstelle, will ich<br />

nun doch ein paar Worte über den heute eigentlich Ausgezeichneten sagen: über Martin<br />

Lampe. Kants langjähriger, in Unehren entlassener Diener kommt heute dank Ihrer<br />

Entscheidung zu späten Ehren. Darüber bin ich sehr froh, denn verdient hat er es.<br />

Riß zwischen Ideal und Wirklichkeit<br />

Und wir haben es auch nicht anders verdient: Martin Lampes Standpauke, die er dem<br />

großen Kant hält, geht auch an unsere Adresse. Aufklärung wenn sie über die Köpfe<br />

hinweggeht, also auch über den etwas eigensinnigen eines Martin Lampe, verfinstert die<br />

Welt. Dieser verzweifelte Monolog ist doch nichts als die Suche nach einem Dialog. Aber<br />

der hochangesehene, von Lampe gleichwohl tief durchschaute Dialogpartner Kant<br />

schweigt. Schweigen auf der einen – enttäuschte Liebe auf der anderen Seite.<br />

Philosophie hat so eine perfide Art, mit sich selbst beschäftigt zu sein, daß sie den Riß<br />

zwischen postuliertem Ideal und profaner Wirklichkeit, die eben notorisch anders ist als<br />

sie sein soll, stets reproduziert. Den guten Lampe zerreißt das. Schließlich muß er<br />

zusammenhalten, was nicht zusammenhält: die transzendenten Marotten des Chefs – die<br />

nervenden Widrigkeiten der Hauswirtschaft. Und wenn es im einzelnen auch nicht immer<br />

als tiefer Riß erkennbar ist, so klafft doch permanent eine Lücke. Und Lampe, der<br />

Lückenbüßer, muß es büßen. Permanent. Kein Wunder, daß er da nebenbei – irgendein<br />

Vergnügen muß der Mensch ja haben! – die gesamte Kantsche Philosophie abkanzelt.<br />

Dabei: Lampes Respektlosigkeit ist von höherer Art. Nicht diese wegwischende Ignoranz,<br />

die man heute kennt, nein, Lampe nimmt die Sache, nimmt Kant, ernst, furchtbar ernst –<br />

und beim Wort. Das hat es in sich. Wenn Kant etwa in der “Kritik der praktischen<br />

Vernunft” den guten Willen zur Instanz erhebt, so führt Lampe das praktisch, jeden Tag<br />

und auf seine Art, ad absurdum: denn an gutem Willen hat es ihm doch wahrlich nicht<br />

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