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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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Die Folgen sind bekannt. Die entfremdete Sprache der Spezialisten teilte mit, was der<br />

Mehrheit gestohlen und durch galaktische Nebel von Sprachritualen, von eben dieser<br />

Mehrheit getrennt, als Information an diese zurückgegeben wurde. – Der Dialekt, das<br />

Sprechen im Idiom, das direkte Sagen aber blieben dem Volke vorbehalten.<br />

So blieb der Akt der Befreiung in Mitteilung auf die Klassen beschränkt, die die Provinzen,<br />

in denen sie herrschten, untereinander aufteilten. Ich hatte mich also bei der Herstellung<br />

des Hörspiels zu entscheiden, wessen Sprache ich verwenden und mit wem ich sprechen<br />

wollte. Es boten sich zwei Verfahrensweisen an. Entweder so direkt wie möglich aus der<br />

Erinnerung zu berichten, mit allen Fehlern und Unreinheiten, die sich beim Erinnern<br />

einstellen, – oder aber auf das Mittel der Reproduktion dieser Erinnerung durch die<br />

geschriebene Sprache zurückzugreifen, wobei Fehler und Unreinheiten künstlich in den<br />

Arbeitsprozeß hätten eingebracht werden müssen. Ich entschied für die erste Methode, da<br />

sie mir die Möglichkeit öffnete, die Sprache des ungehemmten schöpferischen Sprechens<br />

wieder zu erlernen.<br />

Das Ergebnis gab mir recht. Die Gewöhnlichkeit des Todes wurde nicht durch<br />

Mystifikation und schönfärberischen Sprachgebrauch ihres Schreckens und ihrer Poesie<br />

beraubt. Die Subjektivität der Erzählweise schützte das Ergebnis vor dem falschen<br />

Anspruch auf Allgemeingültigkeit.<br />

Nun läßt sich das Gewöhnliche nicht einfach nur so benennen. Es verlangt nach<br />

Körperlichkeit der unvermittelten Sprache, damit es sich in seiner Trivialität und Schönheit<br />

zu erkennen geben kann. Erst dann wird es begreiflich, stößt ab, oder löst Sympathie aus.<br />

Der Schrecken wird menschlich. Die Grausamkeit, die durch das direkte Sagen entstehen<br />

mag, provoziert den Widerstand. Das Gespräch mit dem Zuhörenden beginnt. Der<br />

Erzähler verliert seine Privilegien, er wird unversehens in das Gespräch einbezogen, das<br />

er durch die Direktheit des Mitgeteilten herausforderte.<br />

Doch kaum ist das so in Gang gebrachte Gespräch beendet, setzt der Erzähler sich<br />

wieder auf seinen angestammten Sitz. Er folgt den Spielregeln eines Systems, das den<br />

emanzipatorischen Prozeß aller Glieder der Gesellschaft nicht wirklich will, – das von der<br />

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