Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun
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Bildungsserien usw. Das wird am ehesten verwischt oder übersprungen dort, wo das<br />
Sachinteresse am weitesten vorangetrieben erscheint.<br />
Wo geschieht das? Das geschieht etwa dort, wo das gesendet wird, was unter dem<br />
Schlagwort “Neues Hörspiel” läuft. Dieses “Neue Hörspiel” könnte man, etwas vereinfacht,<br />
auch so definieren, daß in ihm das Hörspiel sich selbst zum Problem wird. In der<br />
Problematik würde dann zugleich ein Erkenntnisstreben eingeschlossen sein, das sich an<br />
der Problematik zu orientieren sucht über das, was die Problematik bewirkt. Das heißt<br />
etwa, daß das Hörspiel zunächst aufhört – oder: der <strong>Autor</strong> und die Produzenten des<br />
Hörspiels zunächst aufhören –,unbefragt die vorgegebenen Regeln oder<br />
Hilfskonstruktionen zu übernehmen, sich an Konventionen zu halten, sie zu füllen oder zu<br />
variieren, und daß sie stattdessen seine Mittel befragen. Die Entlarvung von Redeweisen<br />
wäre der Anfang. Die Konstruktion von Redeweisen, von Sprachräumen, bestimmte den<br />
Fortgang. Die Enthüllung des Zustands, in dem die Entlarvung von Redeweisen und die<br />
Konstruktion von Sprachräumen notwendig wäre, bestimmte das Ziel. Es wäre die<br />
Darstellung dessen, was Aufnahme, Modifizierung und Weiterverbreitung, Reproduktion<br />
von Rede im Zeitalter technischer Reproduzierbarkeit mit Rede macht, das heißt mit den<br />
Redenden macht, die von dieser Rede leben.<br />
Indem das Hörspiel sachbezogener Progression sich mit seiner eigenen Problematik<br />
beschäftigt, beschäftigt es sich mit der Problematik des Programms. Wer hier als<br />
Dramaturg oder <strong>Autor</strong> ansetzt, öffnet damit aber auch das Strukturmodell, aus dem auch<br />
das Hörspiel hervorgeht.<br />
Ich nenne zwei extreme Beispiele. Mauricio Kagels Hörspiel “Ein Aufnahmezustand – 1.<br />
bis 3. Dosis” und Franz Mons “ich bin der – ich bin die”. Beide Beispiele zeigen bereits im<br />
Titel die Absicht einer Definition. Der Redende befindet sich im permanenten<br />
Aufnahmezustand. Der Aufnahmezustand ist zugleich ein Zustand permanenter<br />
Belauschbarkeit. Die Möglichkeit der personalen Rede wird immer mehr als Illusion<br />
deutlich. Zugleich nimmt die Erfahrung der Authentizität vom einmal hier Gesagten immer<br />
mehr zu. Die Sprache, die sich über einengende semantische Vorbestimmungen hinweg<br />
bewegt, verliert immer mehr den Charakter subjektiv regierbarer Modulationsfähigkeit, sie<br />
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