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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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Erfahrung hat, und 2. wenn ein Mensch nicht verstehen will.“ Gerade dieses hartnäckige<br />

nicht-verstehen-Wollen müssen wir Programmacher mit im Auge behalten. Zur Achtung<br />

vor dem Publikum gehört auch dessen Heraus- und gelegentliche Überforderung. Wer<br />

das Schwierige nicht denkt und durchprobiert, der bringt es nie zur Leichtigkeit; wer das<br />

Lästige, Unbequeme nicht aufarbeitet, dem geht auch die Unterhaltung nicht glaubhaft<br />

von der Hand.<br />

Und in diesem wichtigen Punkt hat die Jury sicherlich recht: Das Unbequeme und<br />

Herausfordernde, Innovation und Wagnis haben in den großen Medienapparaten<br />

zunehmend einen schweren Stand. Kreativität und Experiment sind per Definition<br />

gekoppelt mit Unsicherheit und Unkalkulierbarkeit; sie entziehen sich perfekter Planung<br />

und Verwaltung. Der Probierende kann niemals garantieren, daß wirklich die brauchbaren<br />

Sendeminuten zustandekommen, die er im Auge hat. Das Risiko des Scheiterns, sogar<br />

der Blamage – oder aus der Verwaltungsperspektive gesprochen: das Risiko der<br />

Verschwendung von Arbeitszeit und Material – ist immer gegeben. Unter einem ständig<br />

wachsenden Rationalisierungsdruck dennoch für dieses Risiko zu plädieren, erfordert ein<br />

erhebliches Maß an Dickschädeligkeit und Selbstvertrauen – Eigenschaften, mit denen<br />

gerade künstlerisch veranlagte Menschen oft nur sparsam ausgestattet sind. Und weiter:<br />

Experiment, das wird noch häufiger übersehen, hat etwas zu tun mit Solidarität, mit einem<br />

Klima des Vertrauens; wo Kompetenzängste, Konkurrenzneid und Hierarchiedruck sich<br />

breitmachen – und welcher Großapparat wäre frei davon – werden Expeditionen ins Land<br />

der Unsicherheiten leicht zum Himmelfahrtskommando. Ich frage mich daher, ob man<br />

nicht gerade mithilfe von Organisation und Verwaltung dem Experiment wieder<br />

Spielräume verschaffen sollte, die frei von unmittelbaren Rechtfertigungszwängen sind.<br />

Wir Hörspielmacher in der Bundesrepublik schauen manchmal neidvoll auf die<br />

akustischen Experimentalstudios, wie sie beispielsweise in Frankreich, England, Italien,<br />

Holland, Schweden existieren. Eigentlich sollte dergleichen auch in der ARD möglich sein.<br />

Allerdings sehe ich das Defizit an Innovation und Wagnis nicht vorrangig auf formalem<br />

Gebiet; schlimmer ist die zunehmende Ausdünnung und Einschüchterung alternativer<br />

Ideen. In der Debatte über die Neuansätze einer Gesinnungsschnüffelei und<br />

Gedankenzensur in unserem Lande, über den politischen Druck auf die Meinungsfreiheit<br />

(auch und gerade in den elektronischen Medien) kommt ein Gesichtspunkt zu kurz: Wer<br />

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