06.12.2012 Aufrufe

Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

http://www.mediaculture-online.de<br />

Worte an Sie zu richten, entspricht dem Anlaß ebenso wie der Produktionsweise, die für<br />

das Hörspiel “Fünf Mann Menschen” angewandt wurde.<br />

Ist bei der Anfertigung des Hörspiels die Zusammenarbeit so erfolgt, daß im nachhinein<br />

nicht mehr festgestellt werden kann, wo die Anteile jedes der beiden <strong>Autor</strong>en liegen, so<br />

wird jetzt, in dieser Ansprache, jeder der beiden das Wort an Sie richten, um zu sagen,<br />

was er, ungeachtet des Mitautors, für sich selbst sagen will.<br />

FM: Lassen Sie mich, verehrte Damen und Herren, mit einer sehr widersprüchlichen<br />

Betrachtung beginnen: alles, was zu mir gehört, also vor allem meine Poesie, ist so etwas<br />

wie ein Mobile, eine wundervolle, von mir gleicherweise geliebte wie gehaßte Unordnung,<br />

die sich ihr Gleichgewicht erhält, solange kein Zweiter eine Verlagerung der Schwerpunkte<br />

vornimmt.<br />

Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, haben Ernst Jandl und ich schon in den<br />

Fünfzigerjahren versucht, einige Gemeinschaftsarbeiten zu schreiben. Freilich erwies sich<br />

damals die Verschiedenartigkeit der poetischen Standpunkte als ein kaum überwindbares<br />

Hindernis. Erst eine gewisse Annäherung der beiden poetischen Zentren, welche nicht so<br />

sehr durch formale Angleichung erfolgte, als durch die Entdeckung, daß beide im gleichen<br />

Feld lagen, nämlich dem der experimentellen Poesie, versprach eine erfolgreiche<br />

Zusammenarbeit. Immer noch war es dafür notwendig, die eigene Burg zu verlassen, um<br />

sich in einer neutralen Zone zwischen den beiden Zentren zu treffen, doch war dies nicht<br />

mehr irritierend, da die Begegnung in wohlbekanntem Terrain stattfand.<br />

Auch die Gattung, mit der wir bisher die meiste Erfahrung hatten, nämlich das Gedicht,<br />

mußte nicht völlig außer acht gelassen werden. Im Gegenteil, aus dem Gedicht ließ sich<br />

hier Nutzen ziehen.<br />

EJ: Für mich, als Schreibenden, besitzt das Gedicht gegenüber anderen Arten Literatur<br />

eine Reihe von Vorzügen: es kann deutlich begrenzt und scharf konturiert werden; auf<br />

kleinem Raum und mit einer geringen Menge Material vermag es verhältnismäßig viel<br />

Energie zu speichern und mittels dieser eine verhältnismäßig starke Wirkung zu erzielen;<br />

im Vergleich zu anderen Gattungen ist das Gedicht – und unter den modernen Gedichten<br />

69

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!