Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun
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armseligsten Sklaven machen, dessen Schritt und Wort aus der Ferne abgehört und<br />
aufgezeichnet werden, zu späterer Verwendung; und all das natürlich aus edelsten<br />
Motiven.<br />
Das Hörspiel hat immerhin auf seine Art gegen solche Entwicklung zu kämpfen versucht.<br />
Allerdings darf man von ihm, und von der Kunst überhaupt, nichts Unangemessenes<br />
erwarten: Das Kunstwerk kann nicht wiedergutmachen, was andere Einrichtungen der<br />
Gesellschaft, Parlament, Kirche, Justiz, Presse, Erziehungswesen zu tun versäumen.<br />
Als Staatsbürger beunruhigt mich zum Beispiel die Sklavenarbeit, die von den<br />
Strafgefangenen für ein Entgelt von etwa sechs Zigaretten täglich im Namen des Volkes,<br />
in unser aller Namen, in den Strafanstalten geleistet werden muß. Sie macht jede<br />
Resozialisierung unmöglich, und die Gefängnisse und Zuchthäuser zu Brutstätten immer<br />
neuen Unheils.<br />
Als <strong>Autor</strong> darf ich mich mit diesem Vorwurf nicht befassen; man könnte damit an das<br />
Gefühl appellieren, aber ein solches Problem sollte ja von der Vernunft her angegangen<br />
werden: Die Aufforderung dazu muß von anderer Stelle kommen.<br />
Für die Kunst existieren die Probleme, die unser Gewissen beunruhigen, nur als Motive.<br />
Unter vielen anderen Motiven. Nicht als Thema.<br />
Nun begegnet man heute der Meinung, und ich komme damit auf die Zukunft des<br />
Hörspiels zu sprechen, daß das Hörspiel in Gefahr sei, esoterisch zu werden, daß also<br />
seine Motive immer abseitiger werden und verarbeitet werden zu Kompositionen, die nur<br />
noch Eingeweihten verständlich sind.<br />
Aber wo wäre da eine Gefahr für das Hörspiel? Keine legitime Kunstform gerät durch<br />
Nebenwege und Umwege an ein Ende, die unzähligen möglichen Richtungen machen im<br />
Gegenteil den Reichtum aus. Und was heute geschieht, wenn ich es richtig sehe, ist ein<br />
Suchen nach neuen formalen Möglichkeiten, nicht aus Eitelkeit, sondern um der<br />
Verfeinerung willen.<br />
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