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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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Die Welten, deren Erschaffung mir vorschwebt, sind vornehmlich Welten aus Stimmen<br />

und Tönen, was an meiner individuellen Wahrnehmungs-, Erinnerungs- und<br />

Assoziationsstruktur liegen mag.<br />

Was dabei idealerweise entstehen soll: ein Gewebe aus Stimmen – Geraune, Geflüster,<br />

Geschrei und Geseufze, Geplapper, Geschwätz – aber auch Beschwörung und<br />

Vergewisserung der Existenz aus und in Wörtern; ein Stimmengewebe also als Versuch<br />

der Rekonstruktion, nicht jedoch bloßer Abbildung des menschlichen Diskurses. Das<br />

Hörspiel bietet sich hier, wie keine Gattung sonst, als Medium an.<br />

Was meistens leider nur entsteht: ein Fragment dieses Diskurses; etwas aus dem<br />

Ganzen, das uns längst verloren ging, wenn wir es denn je hatten, Herausgebrochenes.<br />

Doch gilt dieser Charakter des Herausgebrochenen, des Fragmentarischen wiederum nur<br />

dann, wenn man den nach je eigenen Gesetzen geschaffenen Kosmos aus Stimmen<br />

nach externen Kriterien betrachtet. Die äußere Welt, so zerrissen, unüberschaubar und<br />

unabgeschlossen sie immer erscheinen mag, wird in jedem Falle mächtiger sein als jede<br />

gemachte Kunstwelt. Doch kommt die Fiktion dem Wunsch nach Vollkommenheit,<br />

Gelungenheit einer Welt näher – vorausgesetzt sie realisiert die ihr eigenen<br />

Ordnungsprinzipien: also im Falle des Hörspiels unter anderem Rhythmus, Verteilung von<br />

Silben- und Satzlängen, Klanghöhen und Klangfarben, Tempowechsel und innerer Atem.<br />

Die vollkommene Erfindung läßt die Differenz zum unvollkommen Vorgefundenen am<br />

schärfsten spüren. Und somit bedeutet die vollkommene Erfindung die konsequenteste<br />

Abwendung von einer Welt, an und in der zu arbeiten oft die bloße Perpetuierung von<br />

Falschheit bedeutet.<br />

Ob der Akt des Erfindens eigener Weiten über die Lust, die er seinem Schöpfer bereitet<br />

und über die Demonstration einer gewissen Weltabgewandtheit hinaus, die durchaus nicht<br />

Weltfremdheit bedeutet, im Hinblick auf diese äußere Welt etwas zu bewirken vermag,<br />

müßte am Beispiel geklärt werden. Der Orpheus-Mythos von der Macht des Gemachten –<br />

in diesem Falle von Orpheus’ Musik – über Vorhandenes, Belebtes und Unbelebtes, legt<br />

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