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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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Rückgrat hat, wer bereits über die nötige Publizität verfügt, der bringt seine Argumente<br />

noch immer an die Öffentlichkeit; für eine lebendige Gesellschaft aber ist ein viel breiterer<br />

kritischer Humus unentbehrlich; die Stimmen all derer, die zaghaft sind, die ängstlich sind,<br />

die sich unzufrieden aber zugleich unsicher fühlen, weil Abhängigkeiten sie an<br />

ungehemmter Meinungsäußerung hindern, diese Stimmen fehlen zunehmend im Konzert<br />

der kritischen Phantasie. Und gerade sie könnten Bericht darüber geben, wie weit<br />

Resignation, freiwillige Bewußtseinsamputation und Rückzug in die private Idylle in<br />

unserem Lande schon fortgeschritten sind. Ein Ersticken ohne Schrei macht sich breit.<br />

Der Protest – und damit meine ich den für den demokratischen Diskurs unentbehrlichen,<br />

nicht den ihn negierenden Protest hat eine Sprache gefunden, die jedermann alarmieren<br />

sollte: das Verstummen; und es kann einem den Angstschweiß auf die Haut treiben, wenn<br />

man beobachtet, wie gerne dieses Verstummen als Einverständnis mißdeutet wird.<br />

Vielleicht sind wir technologisch ja wirklich so weit, daß durch permanenten<br />

Banalitätsstreß und durch pausenlose Verabreichung intellektueller Sedativa eine ganze<br />

Gesellschaft sich in Schlaf legen läßt. Aber wie sehr werden in dieser grauen Gesellschaft<br />

sich auch jene langweilen, die heute noch an ihr bauen. Die Jury hat uns zu mehr<br />

Wagemut aufgerufen; ich hoffe, sie hat damit auch das für uns Unbequemere gemeint:<br />

den Wagemut gegenüber solchen Tendenzen.<br />

REINHARD LETTAU<br />

4. Mai 1979<br />

Ich kann mir nicht vorstellen, daß es in der Geschichte dieses Preises, den ich schon als<br />

Schüler bewundert habe, jemals einen so erstaunten und zugleich glücklichen Preisträger<br />

gegeben hat wie mich. Erstens erhalte ich diesen Preis für mein erstes Hörspiel oder,<br />

genauer, für meinen ersten Versuch eines Hörspiels. Zweitens war ich bis vorhin, als ich<br />

den Preis entgegennahm, höchstwahrscheinlich der einzige lebende deutsche<br />

Schriftsteller, der noch nie einen Preis erhalten hatte: ein Umstand, dessen ich mich in<br />

Zukunft nun nicht mehr rühmen kann. Und drittens bin ich, abgesehen von mir selbst,<br />

glücklich, daß gerade diese Arbeit ausgezeichnet wurde, und zwar deshalb, weil es ein<br />

Votum zu sein scheint, das gegen jede herrschende literarische Mode geht. Das ist selten.<br />

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