Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun
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Im Text der ersten Arie, “Schweigt auch die Welt ...” wurden Motive der Farbenlehre von<br />
Goethe verarbeitet. Zur Charakterisierung der Wortvorlage die Einleitungswörter weiterer<br />
Abschnitte: “Sehr tief verhalten ...”, “Schöpfen aus Brunnen des Himmels ...”, “Leichteste<br />
Bürde der Bäume ...”, “Freundselig ist das Wort ... “<br />
Webern, offensichtlich politisch nie sonderlich interessiert, zog sich immer wieder in diese<br />
Arbeit zurück. In Briefberichten finden sich Sprachformeln, die hierfür bezeichnend sind.<br />
So schrieb er im August 1941: “Ich war ganz und gar von meiner Arbeit in Anspruch<br />
genommen und bin es noch.” Im Juli 1942 hieß es: “Die letzte Zeit war damit ausgefüllt:<br />
wieder ist ein Stück des geplanten ‘Oratoriums’ fix und fertig in Partitur gebracht.”<br />
Schließlich, im August 1943: “Ich habe im Grunde nicht aufgeschaut von meiner Arbeit.”<br />
Zwar wird Webern gewußt haben, was geschah, ringsumher, aber er ließ das offenbar<br />
nicht zu tief in sein Bewußtsein eindringen; das Wichtigste war ihm seine Arbeit. Gegen<br />
Kriegsende scheint die Einwirkung der Realität dann freilich so stark geworden zu sein,<br />
daß er kaum noch komponierte. Vor allem die Nachricht, daß sein Sohn Peter in<br />
Jugoslawien gefallen war, wirkte für ihn lähmend. Und je näher die Front heranrückte,<br />
desto panischer wurde die Angst des mittlerweile mehr als Sechzigjährigen: kein Gedanke<br />
mehr ans Komponieren, er floh mit seiner Frau ins Salzburgische, nach Mittersill bei Zell<br />
am See, dort wohnten seine beiden Töchter.<br />
Und hier nun holte die Kriegsrealität ihn auf schauerlich groteske Weise ein – es war<br />
bereits September 45, da besorgte ihm sein Schwiegersohn Mattl auf dem Schwarzen<br />
Markt eine Zigarre, wie Webern sie besonders schätzte. Um die Familie, vor allem die<br />
schlafenden Enkelkinder nicht mit dem Qualm zu belästigen, trat er vors Haus, abend<br />
gegen neun Uhr – es war bereits ziemlich dunkel. Zu dieser Zeit bestand ein befristetes<br />
Ausgehverbot, ab zwanzig Uhr. Ohne Anruf oder Warnruf wurde Webern von einem<br />
amerikanischen Soldaten niedergeschossen: ein Lungenschuß, zwei Bauchschüsse.<br />
Webern starb noch an diesem Abend des 15. September.<br />
Musik und Realität – zwei Beispiele, zwei konkrete Erfahrungen. Sie führen die Frage<br />
weiter, die mein Hörspiel zu stellen versucht, modellhaft. Mit diesem Hörspiel, mit diesen<br />
Berichten gebe ich diese Frage an Sie weiter.<br />
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