Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun
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Eifer forderte ich dieses unentbehrliche Nahrungsmittel der Seele, dieses<br />
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lebensnotwendige radiophone Brot, ohne das der Mensch verderben, vielleicht jämmerlich<br />
verkommen muß. Doch fürchtete ich auch, daß radiophone Religiosität und radiophone<br />
Ideologie eines Tages ihre Opfer fordern könnten. Man stelle sich vor, das Brot im Ohr<br />
verwandele sich in Götterspeise, ins Pausenbrot des Großen Vorsitzenden! Und eine<br />
Stimme würde sagen: Ich bin das Brot des Lebens. Und schließlich hieße es: Sammelt die<br />
übrigen Brocken, auf daß nichts umkomme. Alle wären satt, das wäre das Ende. Es bliebe<br />
nur noch das fade Gebäck von Zeugen, Hostien einer Abendmahlsgesellschaft, Kräckers<br />
einer Parteiversammlung. Nein, Brot fürs Ohr ist mehr, das Hörspiel ist Grundnahrung,<br />
Auftrag des Rundfunks ist Grundversorgung.<br />
In den Leitsätzen des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1986 heißt es: “1a)<br />
In der dualen Ordnung des Rundfunks, wie sie sich gegenwärtig in der Mehrzahl der<br />
deutschen Länder auf der Grundlage der neuen Mediengesetze herausbildet, ist die<br />
unerläßliche ‘Grundversorgung’ Sache der öffentlich-rechtlichen Anstalten, deren<br />
terrestrische Programme nahezu die gesamte Bevölkerung erreichen ... 1 b) Die<br />
Vorkehrungen, welche der Gesetzgeber zu treffen hat, müssen aber bestimmt und<br />
geeignet sein, ein möglichst hohes Maß gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk zu<br />
erreichen und zu sichern. Für die Kontrolle durch die zur Sicherung der Vielfalt<br />
geschaffenen externen Gremien und die Gerichte maßgebend ist ein Grundstandard, der<br />
die wesentlichen Voraussetzungen von Meinungsvielfalt umfaßt.” Grundversorgung,<br />
Grundstandard. Grund, das ist ein deutsches Wort, das ist Unterlage, Unterbau,<br />
Unterfütterung, das ist Voraussetzung, Ausgangspunkt, Ursprung. Grund, das ist deutsche<br />
Basis, deutscher Anlaß, deutsche Tiefe. Da gibt es den Grundriß und den Grundsatz, die<br />
Grundregel und das Grundprinzip. In Auerbachs Keller sagt der lustige Geselle Siebel:<br />
“Wenn das Gewölbe widerschallt, fühlt man erst recht des Basses Grundgewalt”, und<br />
Brander ruft aus: “Ein garstig Lied! Pfui! ein politisch Lied!” Da haben wirs. Und so<br />
sprechen die Leitsätze des bundesdeutschen Verfassungsurteils über “Grundversorgung”<br />
und “Grundstandard” hinaus von Grundgesetz und von Grundlinien, sie sagen<br />
“grundsätzlich” und kehren das Grundsätzliche auf der Grundlage des Grundgesetzes<br />
hervor.<br />
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