Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun
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tot ist, wie es oft gesagt wird. Polarisierungen hat es auf allen Gebieten der Kunst immer<br />
wieder gegeben. Sie sind konstruktiv, solange sie nicht zu Ausschließlichkeitsanprüchen,<br />
das heißt zu Diktaten führen. Es muß möglich sein, sich laut oder leise, emotional oder<br />
kühl, ernst oder satirisch äußern zu können. Es muß möglich sein, daß ein <strong>Autor</strong> die<br />
Geschichten erzählt, die ihm wichtig sind, und daß er die ihnen eigene Sprache und Form<br />
findet. Die mühsame, sehr mühsame Konsequenz des Erzählens ist im Grunde nichts<br />
anderes als Ehrlichkeit des <strong>Autor</strong>s dem Stoff und sich selbst gegenüber; und nur um diese<br />
Ehrlichkeit kann es uns gehen.<br />
JÜRGEN GEERS/INGE KURTZ<br />
29.5.2000<br />
Jürgen Geers:<br />
Liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer,<br />
seien sie nicht erschrocken, wenn wir nun gleich zu zweit das Rednerpult erklimmen um<br />
eine Ansprache im Doppelpack zu halten. Wir beanspruchen deshalb nicht die doppelte<br />
Redezeit und wollen uns auch nicht betragen wie das Tucholsky-Ehepaar, das einen Witz<br />
erzählt. Im Gegenteil: Wir sind bestrebt, uns Ihnen als ein harmonisches Paar zu<br />
präsentieren, aber – und das wird die Kenner von Ehebeziehungen nicht verwundern – wir<br />
müssen leider zugeben, dass auch wir schon mal sehr kontrovers diskutieren können.<br />
Seltsamerweise oftmals dann, wenn wir uns über längst Vergangenes unterhalten.<br />
Obwohl die diskutierten Ereignisse Bestandteil unseres gemeinsamen Erlebens waren,<br />
erinnern wir sie doch sehr unterschiedlich und stehen fassungslos vor der<br />
Erinnerungsversion des Anderen. So konnten wir uns beispielsweise eine Weile lang noch<br />
nicht einmal darauf verständigen, an welchem Tag wir uns denn eigentlich kennengelernt<br />
hatten. Unsere Erinnerung differierte um Monate und erst aus vergilbten Akten des<br />
Hessischen Rundfunks konnten wir anhand einer Reisekostenabrechnung rekonstruieren,<br />
wie dieses “schicksalhafte Ereignis” denn nun zu datieren sei. Sie sehen hieran, wie<br />
segensreich sich die Anstaltsbürokratie eines Rundfunksenders auswirken kann. Jetzt<br />
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