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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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begegnen, doch andrerseits sind die Stimmen der einen nur Entsprechungen der<br />

Stimmen der andern. So ist diese parabelhafte Szene, die das Böse und das Gute im<br />

Menschen kontrastiert und kombiniert, gleichsam von monologischer Substanz. Der<br />

Monolog aber ist ein eigentliches Element des Hörspiels, dieser unsichtbare Monolog, der<br />

dem andern unsichtbaren Monolog, nämlich dem des Hörers, der in der Einsamkeit steckt<br />

und sich aus ihr entfernen will, antwortet.<br />

Daß Blinde, Kriegsblinde zumal, die in die Einsamkeit des Fehlens eines der fünf<br />

menschlichen Sinne gestürzt sind, dem stellvertretenden Sinn des Hörens vertrauen, den<br />

Carl Gustav Carus allerdings den “innerlichsten Sinn” nennt, “welcher von den<br />

verborgensten Erzitterungen der erfüllenden Erscheinung bewegt wird”, ist so folgerichtig<br />

wie verzichtend und kühn. Sie sind einer Ursituation ausgeliefert, in der der Mensch allein<br />

ist und sich danach sehnt, daß das Alleinsein aufgehoben werde. Endlich einmal<br />

unterstützt ein Gerät den Menschen, statt ihn zu verstoßen. Dieses Gerät weht Stimmen<br />

zu dem Hilflosen, und die Stimmen helfen ihm.<br />

Derart erfahren die Kriegsblinden mehr als andere, daß die Vox keine Stimme ist, wenn<br />

sie keine Vox humana ist. Deshalb kommunizieren sie sich mit den Schriftstellern, und<br />

kommunizieren sich die Schriftsteller. Ahnend, daß die Schriftsteller, die sogenannten<br />

Träumer, gerade sie, deren Wort mächtiger ist als das Schwert, wie Walter Muschg sagt,<br />

wenigstens in der Zukunft versuchen könnten, zu bannen, was in der Vergangenheit<br />

frevlerisch und menetekelhaft geschah. Die Gegenwart ist die Probe.<br />

HANS KASPER<br />

29. April 1963<br />

Verehrter Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein deutscher<br />

Schriftsteller wurde einmal befragt, warum seine Werke so steten Ernst verrieten. “Tief,<br />

Freunde”, antwortete er, “tief ist man hierzulande von Natur. Heiteres müßte einem immer<br />

erst einfallen.”<br />

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