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Autor: Tilmann P - Schorsch Kamerun

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geschrieben wird, sogar Bücher, die ich bis jetzt aber noch nicht gelesen habe, weil ich es<br />

so genau eigentlich wieder nicht wissen möchte. Deshalb war ich auch nicht überrascht,<br />

als ich in einer Zeitung las, daß mein Hörspiel gar kein Hörspiel sei, sondern bloß “ein<br />

Dialog”. Nun, das las ich natürlich gern, denn ich bin ein großer Liebhaber des Dialogs.<br />

Hier kann, völlig ungezwungen, jede Sache von den vielen Seiten, die sie immer hat,<br />

vorgeführt werden, ihre Widersprüche treten an den Tag, bei aller Direktheit kann ebenso<br />

viel gesagt wie verschwiegen, verstanden wie mißverstanden werden.<br />

Auch das Hörspiel verstehe (oder mißverstehe) ich am liebsten von dieser Seite her:<br />

Menschen also, also Stimmen, denen sich, mit- oder gegeneinander, vielleicht unter<br />

Begleitung von ein wenig Musik oder von ein paar Geräuschen, die dann die Welt<br />

bedeuten müssen, nach und nach ihre Lage, die Lage der Welt, die Widersprüchlichkeit<br />

unser aller Lage, unser aller Welt, wieder einmal ein wenig enthüllt. Diese Enthüllung ist,<br />

auch wenn sie Schmerz bereitet, weil das, was sichtbar, hörbar wird, oft nicht schön ist,<br />

ein durchaus vergnügliches Erlebnis, weil es, scheinbar vom Alltag losgehakt, frei und<br />

spielerisch daherkommt und im Leben des Hörers, anders als die Wohnung und der<br />

Arbeitsplatz, das Wasser, das Brot und die Luft, nicht notwendig und zweckdienlich,<br />

sondern eigentlich überflüssig ist. Nun leben wir aber, wenigstens jetzt noch – wenigstens<br />

die meisten von uns –,Gott sei Dank nicht nur für das Notwendige und das, was<br />

unmittelbar unsere Bedürfnisse stillt, sondern auch für das Überflüssige, und das<br />

Vergnügen braucht weniger als alles andere gerechtfertigt zu werden.<br />

Daß wir uns mit dem Überflüssigen abgeben, für einen Augenblick aus dem Halfter der<br />

Zwecke und Tagesforderungen heraus- und von uns selbst zurücktreten können, ist ja<br />

auch ein Aspekt unserer Freiheit, den wir nicht verspotten oder absterben lassen sollten.<br />

In einer Diktatur – sei’s die einer politischen, sei’s die einer kommerziellen Ideologie – gibt<br />

es diese Freiheit nicht. Viele Kollegen meinen, daß es sie auch bei uns schon nicht mehr<br />

gibt, oder man sie sich nicht mehr erlauben dürfe, und ordnen ihre Werke diesem oder<br />

jenem Zweck, den sie für notwendig und richtig halten, unter. Ich meine, es gibt sie –<br />

noch. Obwohl es natürlich schmerzt, zusehen zu müssen, wie diese Freiheit auch bei uns<br />

immer deutlicher zusammenschrumpft.<br />

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