Scheidung, Trennung – Scheidungs- und Trennungsvereinbarungen
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- Die fünfzehn Jahre ältere, aufgr<strong>und</strong> einer Erkrankung dauerhaft erwerbsunfähige<br />
Ehefrau, die von Sozialhilfe lebt, hat mit einem hier<br />
eingereisten Polen die Ehe geschlossen, der zunächst ebenfalls mittellos<br />
<strong>und</strong> ohne Einkommen war. Er hatte lediglich ein Haus in Polen,<br />
während die Ehefrau eine Rente erwartete. Beide vereinbarten kurz<br />
vor der Heirat notariell die Gütertrennung <strong>und</strong> schlossen Versorgungsausgleich<br />
<strong>und</strong> Unterhalt aus. Die Ehefrau erlitt nach einigen<br />
Jahren einen Gehirnschlag <strong>und</strong> ist nunmehr vollends auf fremde Hilfe<br />
<strong>und</strong> Sozialhilfe angewiesen. Auch während der Ehe hatte sie Sozialhilfe<br />
bezogen. Sie verlangt vom Ehemann im Wege der Stufenklage<br />
Auskunft über sein Arbeitseinkommen <strong>und</strong> Unterhalt. Das Amtsgericht<br />
hat wegen des Verzichts die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht<br />
hat demgegenüber den Ehemann zur Auskunft verurteilt,<br />
weil es die Vereinbarung für sittenwidrig, da ersichtlich zu<br />
Lasten des Sozialhilfeträgers gehend, hielt.<br />
Der Senat hat demgegenüber eine Sittenwidrigkeit verneint, weil keine<br />
einseitige Lastenverteilung im Verhältnis der Ehegatten zueinander<br />
vorläge. Beide Ehegatten waren im Zeitpunkt des Vertragsschlusses<br />
mittellos <strong>und</strong> lebten von Sozialhilfe. Die absehbare künftige Entwicklung<br />
führt zu keinem anderen Ergebnis. Ziel des notariellen Verzichts war,<br />
die erwartete Rente der Ehefrau vor einem Zugriff des arbeitslosen<br />
Ehemannes zu sichern; umgekehrt wollte auch der Ehemann seinen<br />
einzigen Vermögenswert, ein kleines Haus in Polen, im <strong>Scheidung</strong>sfall<br />
ungeschmälert behalten.<br />
Eine Sittenwidrigkeit, die sich gr<strong>und</strong>sätzlich auch daraus ergeben kann,<br />
dass die Ehegatten durch den Unterhaltsverzicht bewusst eine Bedürftigkeit<br />
zu Lasten des Sozialhilfeträgers herbeiführen, ist vorliegend auch<br />
zu verneinen. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist es den Ehegatten nämlich erlaubt, im<br />
Rahmen ihrer gr<strong>und</strong>rechtlich geschützten Vertragsfreiheit Lebensrisiken<br />
eines Ehegatten, z.B. eine schon bestehende Krankheit, aus der gemeinsamen<br />
Verantwortung der Ehegatten füreinander herauszunehmen.<br />
Deshalb ist es auch nicht im Verhältnis zum Sozialhilfeträger<br />
sittenwidrig, dass durch den Unterhaltsverzicht eine bereits bestehende<br />
Sozialhilfebedürftigkeit eines Ehegatten bestehen bleibt. Denn der Sozialhilfeträger<br />
hat keinen Anspruch darauf, dass er von seiner Unterstützungspflicht<br />
durch die Heirat des Bedürftigen <strong>und</strong> den dann gegen<br />
den Ehegatten entstehenden Unterhaltsanspruch befreit wird. Voraussetzung<br />
für eine sittenwidrige Belastung des Sozialhilfeträgers ist stets,<br />
dass ohne den Unterhaltsverzicht eines Ehegatten eine Unterhaltspflicht<br />
des anderen Ehegatten bestünde <strong>und</strong> erst der Ausschluss des Unter-<br />
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