Die Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ und ihre ... - FSF
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das nicht machen? Es ist auch tatsächlich verboten, aber es gibt <strong>ein</strong>fach gewisse<br />
Grenzen, wo man sagen muss, <strong>hier</strong> hat derjenige nicht mehr selber<br />
darüber zu entscheiden, was er mit s<strong>ein</strong>em Leben anfängt.<br />
[...]<br />
LB: Irgendwie, die Freiwilligkeit ist auch so <strong>ein</strong> Diskussionspunkt. Klar kann<br />
man sagen, okay, der macht das freiwillig <strong>und</strong> so weiter, aber ich glaube,<br />
damit rechtfertigt man auch, warum man sich das angucken kann, <strong>und</strong> damit<br />
ja auch die ganze Sache unterstützt, wenn ich mir das anschaue. Und zu sagen,<br />
ja, die machen es ja freiwillig, ach, die kriegen doch ihr Geld, ist für<br />
<strong>mich</strong> k<strong>ein</strong> Argument, was in irgend<strong>ein</strong>er Weise diese <strong>Show</strong>s rechtfertigt.<br />
Im Gegensatz zum Denken aller bisher dargestellten Gruppendiskussionen ordnen die Studenten<br />
individuelle Interessen dem Konfliktfall unter. Ihre Beurteilungen der Sendung<br />
beziehen sich auf <strong>ein</strong> hohes Maß moralischer Urteilsfähigkeit. Dabei wird die Sendung<br />
jedoch nicht nach den darauf folgenden Stufen beurteilt, die Kohlberg als Stufe des sozialen<br />
Kontraktes (Stufe 5) <strong>und</strong> als Stufe der universalen ethischen Prinzipien (Stufe 6) beschreibt.<br />
<strong>Die</strong> fünfte Stufe ist bestimmt durch <strong>ein</strong> prinzipiengeleitetes moralisches Denken,<br />
das die Interessen der Einzelnen <strong>und</strong> der Gesellschaft zusammenbringt. Dabei ist die Gesellschaft<br />
all<strong>ein</strong> nicht mehr <strong>ein</strong>zig ausschlaggebend. Ein Denken der Stufe 5 kann sich von<br />
den Bedingungen sozialer Ordnung frei machen, auch um den Preis <strong>ein</strong>er Übertretung von<br />
Konventionen <strong>und</strong> Gesetzen mit den entsprechenden Sanktionen, die <strong>ein</strong>e moralische, aber<br />
ungesetzliche Handlungsweise nach sich ziehen. <strong>Die</strong> sechste Stufe moralischer Urteilsfä-<br />
higkeit wird bestimmt durch selbstgewählte ethische Prinzipien. <strong>Die</strong>se Stufe stellt jedoch<br />
eher <strong>ein</strong> abstraktes Gedankenkonstrukt dar <strong>und</strong> ist empirisch noch nicht belegt worden.<br />
4.5.4 <strong>Die</strong> Rolle von Mitleid <strong>und</strong> Schadenfreude<br />
Entscheidend für die moralische Bewertung der Sendung ist es auch, inwieweit Mitleid<br />
oder Schadenfreude bei der Rezeption dominieren. <strong>Die</strong>se werden <strong>ein</strong>erseits durch die<br />
Sympathie oder Antipathie für die <strong>ein</strong>zelnen Kandidaten bestimmt, daneben lassen sich<br />
jedoch auch Mechanismen erkennen, die unabhängig von der betroffenen Person funktionieren.<br />
Eine zentrale Vo<strong>raus</strong>setzung ist in diesem Zusammenhang die Rahmung der Sendung als<br />
Spiel. Das Spiel basiert auf festen Regeln, die nicht gebrochen werden dürfen. Findet dennoch<br />
<strong>ein</strong> Regelbruch statt oder wird <strong>ein</strong>e Situation als <strong>ein</strong> solcher interpretiert, so empfinden<br />
die Befragten häufig Mitleid mit den Kandidaten. Ein Beispiel für <strong>ein</strong>en solchen Fall<br />
ist die bereits angeführte Situation, in der Lisa Fitz <strong>–</strong> nach M<strong>ein</strong>ung der Befragten zu Unrecht<br />
<strong>–</strong> k<strong>ein</strong>e Dschungelkönigin wird. Ähnlich verhält es sich mit den drei auf<strong>ein</strong>ander<br />
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