Die Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ und ihre ... - FSF
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fasst, das den interdependenten kommunikativen Codes, die auf vielfältige Weise die dem<br />
dramatischen Leitmotiv zugr<strong>und</strong>eliegende Bedeutung zum Ausdruck bringen, Energie <strong>und</strong><br />
emotionale Färbung verleiht<strong>“</strong> (ebd., S. 129, H.i.O.). Das gilt allerdings nicht nur für die<br />
Teilnehmer am Ritual, sondern in der säkularisierten Welt des Medienkonsums auch für<br />
die Zuschauer, die z.B. über das Fernsehen an <strong>ein</strong>em Ritual teilhaben. Denn indem in <strong>ein</strong>er<br />
Fernsehshow <strong>ein</strong> Übergangsritual über die Performanz von Prominenten inszeniert wird,<br />
findet <strong>ein</strong> Spiel mit symbolischen Bedeutungen statt.<br />
Dadurch rückt sowohl der Schwellenzustand selbst als auch s<strong>ein</strong>e televisionäre Inszenierung<br />
in die Nähe des Karnevals. Denn der dramaturgisch in Szene gesetzte Übergang kann<br />
auch als Außerkraftsetzung der „gewöhnlichen [<strong>und</strong> <strong>hier</strong>archischen] Lebensordnung<strong>“</strong> (vgl.<br />
Bachtin 1990, S. 48) aufgefasst werden <strong>–</strong> <strong>ein</strong> charakteristisches Prinzip des Karnevals.<br />
Unter diesem Gesichtpunkt erhält das Austauschen der gewöhnlichen Bekleidung der Kandidaten<br />
gegen die „Dschungeluniform<strong>“</strong> den Beiklang <strong>ein</strong>er Karnevalskostümierung. Durch<br />
die Tatsache, dass jeder die gleiche Uniform tragen muss, wird „jede Ungleichheit<strong>“</strong> <strong>und</strong><br />
„jegliche Distanz<strong>“</strong> (vgl. ebd.) aufgehoben. An <strong>ihre</strong> Stelle tritt der „freie, intim-familiäre,<br />
zwischenmenschliche Kontakt<strong>“</strong> (vgl. ebd.), der <strong>ein</strong>en „neuen Modus der Beziehung von<br />
Mensch zu Mensch<strong>“</strong> (vgl. ebd.) fördert. Karneval <strong>und</strong> Übergangsriten können auch als so<br />
genannte „Makroriten<strong>“</strong> gesehen werden, die sich „auf die Gem<strong>ein</strong>schaft als Ganzes<strong>“</strong> bezie-<br />
hen <strong>und</strong> „damit die spezifisch kollektive Identität <strong>und</strong> die moralischen Werte der Gem<strong>ein</strong>schaft<strong>“</strong><br />
ausdrücken (Bergesen 1998, S. 63): „Der bekannteste Mechanismus der Makroriten<br />
besteht darin, moralische Gegensätze in Bezug auf die kollektiven Repräsentationen der<br />
Gruppe zu erzeugen<strong>“</strong> (ebd., S. 64). Das gilt für <strong>ein</strong>e <strong>Show</strong> wie Ich <strong>bin</strong> <strong>ein</strong> <strong>Star</strong> <strong>–</strong> <strong>Holt</strong> <strong>mich</strong><br />
<strong>hier</strong> <strong>raus</strong>! in <strong>ein</strong>em doppelten Sinn, denn die moralischen Gegensätze werden nicht nur<br />
innerhalb der Gruppe der Prominenten im Dschungel erzeugt, sondern auch innerhalb der<br />
Gem<strong>ein</strong>schaft der Zuschauer, da die Darstellungen der Kandidaten im Dschungel an die<br />
moralischen Diskurse der Gesellschaft anknüpfen, ja die Moderatoren sie gar an den (verm<strong>ein</strong>tlichen)<br />
moralischen Konsens der Gesellschaft an<strong>bin</strong>den.<br />
<strong>Die</strong> Kandidaten der Dschungelshow kennen sich (wenn überhaupt) nur aus öffentlichen<br />
Kontexten, ansonsten stehen sie in k<strong>ein</strong>erlei Ver<strong>bin</strong>dung zu<strong>ein</strong>ander. Durch die Spielsituation<br />
sind sie dazu verpflichtet, <strong>ihre</strong>n Alltag mit<strong>ein</strong>ander zu ver<strong>bin</strong>den, wodurch <strong>ein</strong> künstlicher<br />
Zusammenhalt hervorgerufen wird, der außerhalb der <strong>Show</strong>situation nicht existiert.<br />
<strong>Die</strong> Gem<strong>ein</strong>schaft des Schwellenzustands entsteht. <strong>Die</strong> beiden Moderatoren greifen zudem<br />
häufig die Metapher der „Familie<strong>“</strong> auf, um das Zusammenleben der Kandidaten zu charak-<br />
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