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Linus scheint der Schulweg ein Freiraum für individuelles, phantasiebetontes<br />
und autonomes Handeln zu sein. Ein Raum, der ihm ein weitestgehend unbeobachtetes<br />
und unkontrolliertes „Ausleben und Erleben seiner Phantasiewelt“<br />
ermöglicht.<br />
So unterschiedlich die hier dargestellten und die weiteren, in der Untersuchung<br />
entstandenen Schulwegzeichnungen auch sein mögen, sie alle zeigen<br />
die jeweils subjektive Bedeutung und die individuelle Wahrnehmung des<br />
eigenen Schulwegs durch die Augen ihrer Zeichnerin bzw. ihres Zeichners.<br />
Für sie ist der Schulweg nicht nur einfach irgendein Weg. Er ist Verbindung<br />
und zugleich Grenze zwischen dem schulischen und dem familiären Lebensraum.<br />
Er bietet ihnen Raum für die „Einstellung und Umstellung aus dem<br />
familialen Kontext auf den schulischen [und umgekehrt]“ (Behnke 2005:<br />
196). Er bietet Möglichkeiten für weitestgehend unkontrollierte und unbeobachtete<br />
Interaktionen, für Selbstständigkeit, Autonomie und Abenteuer. Der<br />
Schulweg ist gleichzeitig Spiel-, Erfahrungs-, Erlebnis-, Ruhe- und Lernraum.<br />
Er vermittelt Geborgen- und Vertrautheit und wird gegebenenfalls sogar<br />
als gefährlich empfunden. Er gibt Raum für Selbstständigkeit, Bewegung,<br />
Interaktion, Kommunikation sowie zum Austragen von Konflikten. Selbst<br />
Graffiti, von den Erwachsenen vielfach als ärgerliche Beschmutzung oder<br />
sogar als Sachbeschädigung angesehen, sind vor dem Hintergrund der<br />
„Raumaneignung“ als Zeichen der „Ordnung des Territoriums [anzusehen].<br />
Sie territorialisieren den decodierten urbanen Raum – diese oder jene Straße,<br />
jene Wand, jenes Viertel wird durch sie lebendig, wird wieder zum kollektiven<br />
Territorium“ (Baudrillard 1990: 220).<br />
Subjektive Karten können somit Einblicke in die individuelle Bedeutung von<br />
Räumen und die subjektive Wahrnehmung derselben bieten. Im schulischen<br />
Kontext sollte diese subjektive und zugleich bildlich kommunikative Seite<br />
des Kartographierens daher nicht unberücksichtigt bleiben. Subjektives Kartographieren<br />
bietet den Lernenden Anlass zur bewussten Wahrnehmung des<br />
Raumes. Darüber hinaus bietet es vielfältige Möglichkeiten zur aktiven und<br />
individuellen Auseinandersetzung mit demselben. So kann es dabei helfen,<br />
sich mit dem eigenen Lebensraum (wieder) stärker zu identifizieren, sich in<br />
ihm zu orientieren oder sich kritisch mit ihm auseinander zu setzen. Die Produkte<br />
subjektiven Kartographierens, die subjektiven Karten, zeigen bedeutsame<br />
Lebensräume von Kindern und Jugendlichen. Sie zeigen, wie sie die<br />
Welt in der sie leben erleben und wahrnehmen, wie sie sich Räume aneignen,<br />
strukturieren und räumliche Erfahrungen verarbeiten. Sie können Unbehagen<br />
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