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selbst, sondern für die Völkerfamilie des größeren Raumes abzuringen, hat das<br />

Vorrecht vor dem Volk mit der geringeren Leistung.“ Um zu entscheiden, welches<br />

Volk das war, müsse „I. die Natur des Raumes und II. die Arbeit (damit<br />

die Art) der Menschen geprüft werden“ (Klenk 1942: 694; Herv. i. O.). Das<br />

Urteil des Lehrerausbilders fiel, wer hätte anderes erwartet, negativ für die in<br />

den annektierten Gebieten ansässigen Völker aus. „Sie können sich nicht auf<br />

Ungunst der Natur hinausreden“, befand er, versprach aber gönnerhaft dem<br />

„brauchbaren Teil des polnischen Volkes“, dass es „unter deutscher Führung“<br />

einen „ihm angemessenen Platz erhalten“ (696; Herv. i. O.) werde.<br />

7 Abschließendes<br />

Dass nach 1945 all die Vor- und Mitdenker, Mitmacher und Mitläufer beim<br />

Lebensraumprogramm der Nationalsozialisten nichts mehr von dieser Platzanweisermentalität<br />

wissen wollten und unter einer Totalamnesie litten, überrascht<br />

nicht. In einer Entschließung auf dem ersten deutschen Nachkriegsgeographentag,<br />

1948, die angesichts der Realitäten nur zynisch genannt werden<br />

kann, machten die Vertreter des Faches, wie gehabt, die mangelhafte geographische<br />

Bildung des deutschen Volkes für die Weltkriegskatastrophe mitverantwortlich,<br />

während man dem Geographieunterricht einen ihm immanenten<br />

Geist des Friedens und der Völkerverständigung attestierte (Deutscher Geographentag<br />

1949: 35), so als hätte man nicht eben noch in Unterrichtsvorschlägen<br />

die Schüler auf der Karte durch die Raumweiten Europas geschickt,<br />

um im Geiste der „größeren Raumauffassung Ratzels“ mit den „feldgrauen<br />

Kameraden“ den Kontinent für eine „Neuordnung“ unter deutscher Führung<br />

reif zu schießen (Puls 1942: 227).<br />

Inwieweit die Schüler durch „suggestive“ und geopolitische Karten in ihrem<br />

Weltbild massiv beeinflusst wurden, ist natürlich nicht mehr nachträglich<br />

feststellbar. Dass sie vom Anblick der schwarzen oder roten Flächen und<br />

Kleckse der Volks- und Kulturbodenkarten und von der Schraffur der Pripjet-<br />

Sümpfe tatsächlich so emotional aufgepeitscht worden sein sollten, dass sie<br />

nur so darauf brannten, endlich mit Hitler in das Traumland „Osten“ einzufallen,<br />

ist nicht anzunehmen, aber spurlos vorübergegangen sein wird dieser<br />

kartengestützte Revisionismus des Erdkundeunterrichts und die von ihm mit<br />

popularisierte Parole vom „Volk ohne Raum“ an ihnen auch nicht.<br />

Umso wichtiger scheint es, die im heutigen Geographieunterricht eingesetzten<br />

Karten nicht nur als reine Informationsquelle zu nutzen, wie dies wohl<br />

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