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4.2 Raumaneignung und Geomedien<br />
Die Bezeichnung Spatial Citizenship weist auf den dezidierten Raumbezug<br />
einer adäquaten politischen Bildung hin. Ausgangspunkt der Einbindung von<br />
Raum in die politische Bildung ist ein relationales Raumkonzept. Hierbei<br />
werden Bedeutungen nicht als universal angesehen und nicht als aus einer<br />
bestimmten physischen Konstellation zwingend folgend, sondern als variabel<br />
und aushandelbar. Aus Bedeutungszuweisungen wiederum folgen handlungsleitende<br />
Regeln. Eine gepflegte Rasenfläche beispielsweise kann als unbetretbar<br />
markiert werden. Sie entfaltet für den geneigten Betrachter eine ästhetische<br />
Bedeutung, sofern man die durch andere gesetzte und auf Schildern<br />
kommunizierte Bedeutungszuweisung versteht. Andererseits kann sie auch<br />
als Picknickfläche verstanden und auf diese Weise in Wert gesetzt werden.<br />
Geographien werden durch Sinngebung über menschliches Handeln gemacht<br />
(vgl. Werlen 1995: 189–190). Bedeutungszuweisung an das Physisch-Materielle<br />
ist Raumaneignung.<br />
Die soziale Durchsetzung von Bedeutungen wird über deren Kommunikation,<br />
insbesondere über Kommunikation mittels Geomedien, erleichtert und<br />
gesichert (vgl. Lefebvre 1993: 32–33). Räumliche Repräsentationen suggerieren<br />
so nicht nur die Machbarkeit einer potentiellen Ausgestaltung, sie hauchen<br />
dieser als Grundlage des umsetzenden Handelns durch ihren dezidierten<br />
Ortsbezug Realität ein. Sinngebungen und daran gebundene Regeln werden<br />
reifiziert, scheinbar natürlicherweise mit dem physisch-materiellen Ding verwoben<br />
und in der Wahrnehmung selbst zu einem Ding, einem unumstößlichen<br />
Fakt. Aus relationalen, subjektiven und sozial konstruierten Räumen<br />
werden absolute Räume mit eindeutigen Bedeutungen.<br />
Reifikationspotential haben meist solche Deutungen, die von ohnehin schon<br />
als glaubwürdig eingestuften Institutionen produziert werden. Diese Glaubwürdigkeit<br />
überträgt sich auf die von ihnen gesetzten Deutungen. Beispielsweise<br />
wirken von der Stadtverwaltung bereitgestellte Planungskarten dank<br />
der politischen Legitimation der Institution und der professionellen Glaubwürdigkeit<br />
des Planungsbüros vertrauenswürdig und wahr. Nach de Certeau<br />
wird solcherart Bedeutungsproduktion als strategische Praktik bezeichnet<br />
(vgl. De Certeau 1988: 87).<br />
Finden Umdeutungen spontan, intuitiv, punktuell und nicht bewusst kommuniziert<br />
statt, so spricht man von taktischen Praktiken (vgl. De Certeau 1988:<br />
89). Die Produziertheit der dominanten Regeln wird nicht hinterfragt, man-<br />
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