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tation als relational, d. h. als individuell und gesellschaftlich Weise konstruiert<br />
und dadurch aneigbar.<br />
Als Beispiel für die Sinnbelegung von materiellem Raum seien Aufzüge in<br />
den Hochhäusern genannt, die von Kindern gern als „Waffe“ gegen Erwachsene<br />
oder – wie beispielsweise auch Rolltreppen – als Spielzeug benutzt werden<br />
(vgl. Daum 2007). Welche Fähigkeiten Kinder als kreativ handelnde<br />
Subjekte entwickeln, reale Orte und Plätze sowie einzelne Teile lebhaft umzudeuten<br />
und sie in ihre phantastischen Weltkonstruktionen hineinzunehmen,<br />
haben Martha und Hans Muchow (1935) untersucht. Demnach „umleben“<br />
Kinder die Gegenstände und Räume. Mühelos kann ein halbrunder Behälter<br />
für Altglas zu einem mächtigen und Macht verleihenden Reitkamel werden.<br />
In die gleiche Richtung weist Bollnow (1963) mit seiner Idee vom „erlebten“<br />
Raum, der ebenfalls nicht a priori vorhanden ist, sondern durch das handelnde<br />
Subjekt konstruktiv hervorgebracht wird. Zum Raum entwickelt sich<br />
ein persönliches, beeinflussbares Verhältnis. Geheime Orte der Kinder, z. B.<br />
sogenannte Niemandsländer (vgl. Brandt/Daum 1994), werden mit spezifischem<br />
Sinn aufgeladen, der zunächst nur für die Kinder eine Bedeutung hat.<br />
Kindliche Selbstvergessenheit braucht diese Orte und Plätze des Belegens<br />
mit Deutung und Sinn. Freilich löst sich der physisch-materielle Raum im<br />
Zuge solcher Aneignungspraxis nicht in Luft auf, er kann vielmehr als gedeuteter<br />
Hintergrund, als materielle Repräsentation von Handlungen, auch symbolischer<br />
Art, angesehen werden – sozusagen als Bühne für Weltkonstruktionen.<br />
4 Lokale und globale Maßstäbe<br />
In der vierten Klasse einer norddeutschen Großstadt wurde das Thema<br />
„Meine Welt – mein Leben“ gestellt. Eingebettet war dieses Thema in den<br />
größeren Zusammenhang einer Erkundung der für die Kinder wichtigen sozialen<br />
und sozialräumlichen Praxen betreffend Elternhaus, Schule, ihre Freizeitaktivitäten<br />
und frei wählbare individuelle Besonderheiten.<br />
Sarina (Abb. 8) zeichnet in Einzelheiten auf, wie sie Beziehungen zu ihren<br />
acht engeren Freundinnen sieht – ein verzweigtes Netzwerk, das ähnlich in<br />
den Karten der Freundinnen wieder auftaucht. Kein Wunder, denn der Zusammenhalt<br />
in der Mädchengruppe ist groß. Sie treffen sich oft und unternehmen<br />
viel zusammen. Als weitere Verortungen sind der Zoo, ein Spielplatz<br />
und eine Eisdiele zu finden.<br />
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