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„weißen“, im Unterschied zur allgegenwärtigen „schwarzen“ Pädagogik)<br />
wenig Schranken setzt, mit dem Auftrag zur Anfertigung der K2 sogar die<br />
Aufforderung explizit wird, persönliche Phantasien ins Bild einer Karte zu<br />
setzen, dürften die von Odenbach in Auftrag gegebenen Phantasielandkarten<br />
unter ganz anderen Voraussetzungen entstanden sein. Einen großen – wenn<br />
nicht den größten – Teil seiner Explorationen hat er im repressiven Schulsystem<br />
des Nationalsozialismus durchgeführt. So wird die Anfertigung einer<br />
„Phantasie“-Landkarte unter dem Druck der Erwartung einer vorzeigbaren<br />
Leistung gestanden haben. Phantasie orientiert sich unter solchen Voraussetzungen<br />
eher am Maßstab des in der Logik einer Karte Darstellbaren, als an<br />
subjektiven Wünschen, Ängsten, Hoffnungen und Sehnsüchten, die auf eine<br />
andere und besser geglaubte Welt projiziert werden.<br />
Starke Wunsch-Motive sind in den hier zugrunde liegenden Karten (bei jüngeren<br />
Mädchen) ein Leben in der unmittelbaren Nähe zu Tieren (z. B. im<br />
eigenen Garten), eine Form des Wohnens, die die Möglichkeit des gemeinsamen<br />
Lebens mit allen wichtigen Bezugspersonen bietet (insbesondere das<br />
Leben mit Familienangehörigen, vor allem Vater und Mutter). Bei Jungen<br />
und Mädchen ist auch der Wunsch nach einer „intakten“ Natur und einer<br />
„ökologischen“ Stadt zu beobachten. Gerade im Feld der Projektionen wird<br />
der Einfluss massenmedialer Themenkonjunkturen, ubiquitärer Politik-Diskurse<br />
und problemsensibilisierender Unterrichts-Themen deutlich. Ein alle<br />
illusionierten Stadtwelten dominierendes Thema ist indes die räumliche<br />
Synthese von Wohnen und Konsum. Wenn das eigene Haus in einem Kreis<br />
von Markenhändlern und global agierenden Fastfood-Ketten gleichsam in der<br />
Mitte steht, drückt sich damit die zugespitzte und leise Macht der Kulturindustrie<br />
aus. Wenn wir auch hier von „subjektiven“ Karten sprechen, so<br />
macht diese Form der Subjektivität doch darauf aufmerksam, dass persönliche<br />
Wünsche und Vorstellungen tief in der gemeinsamen Situation stehen, in<br />
der Kinder und Jugendliche aufwachsen und die ihnen Orientierung in der<br />
Suche nach Identität bietet – Lebenszuversicht, Halt, Lebensbedeutsamkeit<br />
und Sinn. Auf dem Hintergrund der Macht kulturindustrieller Medien auf das<br />
Denken und Fühlen von Kindern, vor allem aber junger Jugendlicher versteht<br />
es sich von selbst, dass Attraktivität nicht von guten Gebrauchswerten ausgeht,<br />
sondern vom Tuning eines so banalen Dings wie einer Frikadelle zu<br />
einem Kulturfetisch. Die Identität stiftende Bedeutung der Teilhabe (oder<br />
auch nur des Wunsches an solcher Teilhabe) am Lifestyle qua Konsum verdichtet<br />
sich in der Heiligsprechung der Orte dieses Konsums. Darin werden<br />
die Fetische konkret und abstrakt zugleich.<br />
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