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Im Folgenden wird gezeigt, wie politische Intentionen sich in Kartenbildern<br />
niederschlugen, die im Geographieunterricht der Weimarer Republik und des<br />
„Dritten Reiches“ den Schülern eingeprägt werden sollten, um gegebenenfalls<br />
für künftige Handlungen abrufbar zu sein.<br />
2 Geographie und Erster Weltkrieg<br />
Völkerkriege, lehrte der Hallenser Geograph Alfred Kirchhoff (1910: 83ff.)<br />
in einer beliebten Vorlesung für alle Fakultäten, seien unabdingbar; denn nur<br />
im Krieg würden die Völker auf ihre Tauglichkeit als Ganze geprüft. Fehlten<br />
solche Kriege, fehle die Selektion, und sie würden in Trägheit und Sittenlosigkeit<br />
versumpfen. Kirchhoff stand damit nicht allein, er und andere Geographen<br />
waren Teil einer anschwellenden bellizistischen Grundstimmung<br />
unter den Eliten des Kaiserreichs, voran die Alldeutschen, die den realen<br />
Krieg immer fordernder herbeiredeten. Als es dann im Sommer 1914 losging,<br />
konnten die Schüler die Frontverläufe an der Wandkarte markieren, selbst<br />
voller Stolz Kriegskarten entwerfen und den deutschen Soldaten virtuell beim<br />
Siegen helfen.<br />
Der Siegespreis konnte geographisch gesehen nur mehr Raum sein; denn der<br />
allgegenwärtige „Kampf ums Dasein“, hatte Friedrich Ratzel (1901: 51) allen<br />
eingehämmert, sei in erster Linie nichts anderes als ein „Kampf um Raum“.<br />
„Ein wachsendes Volk braucht Raum“, verkündete auch der Glazialmorphologe<br />
Albrecht Penck (1915: 10; Herv. i. O.) und suchte ihn im Osten. Unermüdlich<br />
beklagte er die Unfähigkeit der slawischen Völker bei der Gestaltung<br />
ihrer Kulturlandschaft. Besitzansprüche auf ein Land, urteilte der Geographiedidaktiker<br />
Felix Lampe (1919: 496), dürften nicht länger national, verfassungsrechtlich<br />
oder konfessionell begründet werden, das seien „abgetane<br />
Vergangenheiten“, sondern sich nur noch daran orientieren, „welches Volk<br />
aus Boden, Luft und Wasser wohl das Meiste und Nutzbringende zu gestalten<br />
wissen werde“. Im Klartext hieß dies: Ein Volk, das seinen Raum nach dem<br />
Urteil des Geographen nicht optimal zu nutzen verstand, hatte sein Recht auf<br />
diesen zugunsten tüchtigerer Völker verwirkt. Genau so wurde auch im<br />
Zweiten Weltkrieg von geographischer Seite argumentiert.<br />
Doch statt eines Zugewinns an Raum musste das Deutsche Reich mit seiner<br />
Niederlage neben allerlei Einschränkungen der Souveränität erhebliche territoriale<br />
und wirtschaftliche Verluste verkraften. Hatte man noch 1917 Russland<br />
in Brest-Litowsk einen äußerst harten Frieden aufgenötigt, so war man<br />
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