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vertritt, einen Erfahrungsbegriff zugrunde, der die Erfahrung als affektiv und<br />
leiblich grundiert verankert und die „Bruchlinien der Erfahrung“ betont (vgl.<br />
Sabisch 2009: 7).<br />
Waldenfels beschreibt die paradoxale Struktur der Erfahrung als aus zwei<br />
Polen (Pathos und Response) bestehend. Diese befinden sich in einem Wechselverhältnis<br />
zueinander und sind durch einen Bruch bzw. Riss gekennzeichnet.<br />
„In der Erfahrung selbst öffnen sich Spalten und Klüfte, in denen das<br />
Selbst sich von sich selbst entfernt“ (Waldenfels 2002:204).<br />
Pathos<br />
(Widerfahrnis)<br />
Response<br />
(Antwort)<br />
Diastase<br />
(Bruchlinie)<br />
Abb. 3 Paradoxe Struktur der Erfahrung nach Waldenfels (Sabisch 2009: 8)<br />
Das Pathische ist etwas, das uns geschieht. Wir werden von etwas getroffen.<br />
Es ist das Unverfügbare, das uns z. B. im Berührtwerden durch Fremdes<br />
widerfährt. Im Widerfahrnis trifft uns etwas Fremdes. Widerfahrnisse selbst<br />
haben keine Bedeutung, sie widersetzen sich unseren Sinnerwartungen und<br />
überschreiten unsere Ordnung und Sinnorganisation. Sie geschehen in der<br />
Zeit und können zum Zeitpunkt des Widerfahrnisses nicht eingeordnet, sondern<br />
immer nur im Nachhinein berücksichtigt werden. Im Widerfahrnis erscheint<br />
nicht etwas als etwas, im Widerfahrnis „taucht etwas auf, bevor es als<br />
etwas aufgefasst, verstanden oder abgewehrt wird“ (Waldenfels 2002: 33).<br />
Die Einordnung des Geschehens, die Be-deutung, gehört vielmehr zur Antwort.<br />
Die Antwort ist der zweite Pol der Erfahrung (vgl. Sabisch 2009: 9).<br />
Die Antwort vollzieht sich nicht als bloße Widerspiegelung der Widerfahrnis.<br />
Vielmehr ist die Erfahrung in sich brüchig und verschoben. In der Antwort<br />
geben wir, was wir nicht haben (vgl. Waldenfels 1997: 53). Erfahrung vollzieht<br />
sich immer an der Grenze und als Herausforderung unserer Verstehensund<br />
Interpretationsweisen. An den Bruchstellen der Erfahrung ereignet sich<br />
etwas, über das wir nicht verfügen können. Es entstehen neue Differenzierungen,<br />
die Waldenfels als zeiträumliche Verschiebungen oder als Diastase<br />
bezeichnet. „Diastase bezeichnet einen Differenzierungsprozess, in dem das,<br />
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