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eller Praxis. Das Kartographieren fungiert im Sinne einer Selbst-Verortung<br />

auf Reisen. In der kartierenden Verortung findet das Selbst Orientierung. Gefundene<br />

Standorte werden im Laufe der Weiterreise wiederholt verlassen und<br />

neu gefunden. Diese Bewegungen fließen in das Kartographieren ein und<br />

zugleich organisiert die Kartierung die Weiterreise, indem sie Orientierung<br />

vermittelt. Reiseerfahrung und Kartographie gehen somit Hand in Hand. Die<br />

Erfahrung gelangt über die Kartierung zur Repräsentation. Der Reisende<br />

schafft sich eigene Formen und Ausdrucksarten, bedient sich der konventionellen<br />

Routinen der Kartographie, unterläuft sie, erfindet neue kartographische<br />

Praktiken und bringt so in einer individuellen kartographischen Praxis<br />

hervor, was sich konventionell nicht einfach ausdrücken und darstellen lässt.<br />

Die Doppelbewegung, die darin besteht, dass die Erfahrung zur Kartierung<br />

führt und die Kartierung zur Erfahrung, formiert die Reiseerfahrung. Kleists<br />

Verfertigung der Gedanken in der Rede entspräche dann einer Verfertigung<br />

der Reiseerfahrung beim Kartieren. Man kennt die Dynamik vom Reisetagebuch.<br />

Auch das Reisen und das Schreiben sind aufs Engste aufeinander bezogen;<br />

neben dem Kartieren ist das Schreiben die klassische Aufzeichnungspraxis<br />

unterwegs, und nicht selten geht das Auzeichnen von Karten und<br />

Texten in Reisetagebüchern Hand in Hand.<br />

4 Reisen als Erfahrung<br />

In seinem Gedicht „Hunting of the Snark“<br />

stellt Lewis Carroll die Suche einer Schiffsmannschaft,<br />

einer skurrilen Gesellschaft von<br />

Männern und einem Biber, nach einem Fabeltier<br />

namens „snark“ – oder zu Deutsch<br />

„Schnatz“ – dar. Als die Crew sich zu Beginn<br />

der Reise an Bord versammelt, bestimmt der<br />

Kapitän seinen Kurs, indem er eine leere<br />

Landkarte zeigt.<br />

„Eine riesige Karte gekauft für die Reise,<br />

Hatt‘ der Captain immer dabei.<br />

Sie zeigt das Meer, und die Crew fand es weise,<br />

Daß nur Meer und sonst nichts auf ihr sei“<br />

(Übersetzung der Reclam-Ausgabe 1996: 26).<br />

Abb. 2 Leere Karte (Reclam-Ausgabe<br />

1996: 26)<br />

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