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Hans-Dietrich Schultz<br />
Suggestiv und doch wahr?<br />
Die Karte als Propagandamittel im Geographieunterricht<br />
der Weimarer Republik und des „Dritten Reichs“<br />
1 Karten als Instrument der Weltbildformierung<br />
Karten, obwohl nur zweidimensional, galten dem Geographen immer schon<br />
als ideale Repräsentation des Raumes. Sie waren ihm so unverzichtbar, dass<br />
die Geographie durch den Kartographen, das Alter ego des Geographen,<br />
überhaupt erst zur Geographie zu werden schien. Als Ergebnis von Forschung<br />
und zugleich Grundlage einer solchen sollten sie ähnlich „belehrend“<br />
wirken „wie die Natur“ (Krebs 1919: 34) selbst. Sogar Kausalitäten sollte das<br />
Kartenbild bieten. Leicht konnte so der Eindruck entstehen, dass die Karte<br />
der Realität besonders nahesteht und somit das unbestechlichste Beweismittel<br />
für die Begründung einer Position ist. Tatsächlich schaut uns auch aus den<br />
Symbolen der Karte keine objektive Wahrheit an. Immer stehen dahinter<br />
Zwecksetzungen und Entscheidungen, um die Zwecke zu erreichen: technische,<br />
inhaltliche, wertende. Für Geographen und Kartographen ist dies heute<br />
eine Selbstverständlichkeit.<br />
Unabhängig davon gilt für alle Karten, dass sie die Wahrnehmung steuern<br />
und räumliche Bewusstseinsbildung formieren. Das kann bewusst ausgenutzt<br />
werden. „Mit Karten läßt sich alles machen!“ (Dreyer-Embcke 1999: 74).<br />
Besonders manipulationsanfällig und wirkmächtig sind ethnische und politische<br />
Karten, doch fließen selbst in die „physischen“ Karten Entscheidungen<br />
ein, die politisch bedeutsam sein können. Jedem Kartenausschnitt liegt eine<br />
Annahme zugrunde, was alles dazugehört und was nicht und welcher Raumbegriff<br />
dafür infrage kommt. Jeder Schriftzug hat eine Reichweite, der Geltungsansprüche<br />
setzt und womöglich Irritationen oder auch Proteste auslöst.<br />
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