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und welche Bedeutung der subjektiven Kartographie im Sinne des Forschenden<br />

Lernens zukommen kann. Diese Betrachtungen können dann vielleicht<br />

einen Beitrag leisten, um etwas von dem zu verstehen zu geben, was griechische<br />

Philosophen als eudaimonia, Entfaltung der Persönlichkeit, bezeichnet<br />

haben (vgl. Botton 2002: 17).<br />

2 Zum Wesen des Reisens<br />

Reisen heißt mehr als sich mechanisch fortzubewegen. Die Reise ist Selbstbewegung,<br />

Erfahrung der Fremde und Veränderung. In der reisenden Bewegung<br />

verlässt man die ausgetretenen Pfade und eingeschliffenen Routinen des<br />

Alltags und stellt eine äußere und innere Bewegung (motion/emotion), die<br />

Einheit von Impuls und Aktion, Bewegung und Erregung, Eindruck und<br />

Ausdruck in den Mittelpunkt des eigenen Daseins. Reisend erschließt sich<br />

uns etwas von der Welt, das wir auf keine andere Weise erfahren. Menschen<br />

können ohne das Reisen nicht existieren, es ist eine dem Menschen innewohnende<br />

Eigenschaft, eine Lebensweise menschlicher Existenz (Bianchi 1997a:<br />

50; 1997b 54) und zuweilen eine Lebensform, wie uns Permanentreisende<br />

und Berufsabenteurer wie Isabelle Eberhardt, Reinhold Messner und Bruce<br />

Chatwin vor Augen führen (Boomers 2004).<br />

Während für Bianchi und Boomers die Koinzidenz einer inneren und äußeren<br />

Bewegung Kennzeichen des Reisens ist, versteht Stiegler das Reisen als einen<br />

inneren Zustand, bei dem – auch wenn man sich nicht vom Fleck bewegt<br />

– vieles in Bewegung ist. Bei der auf Xavier de Maistre zurückgehenden<br />

„Zimmerreise“ (1790), die bis hin zur Gegenwart Modell zahlreicher<br />

ähnlicher Reisen werden sollte, handelt es sich nicht um eine imaginäre<br />

Reise, die eine Utopie ohne örtliche Entsprechung entwirft. Es geht vielmehr<br />

darum, „[v]ermeintlich bekannte Räume [zu] verfremden, sie mit dem dergestalt<br />

eingesetzten Blick eines Ethnologen in Augenschein [zu] nehmen und<br />

sie so zu erkunden, als handelte es sich um einen Raum, den man zum ersten<br />

Mal betritt oder zumindest mit neuen Augen sieht“ (Stiegler 2010: 11). Im<br />

reisenden Stillstand vollzieht sich eine Ent-fernung, ein Abrücken von einem<br />

Raum der Gewohnheit, ein Neuerkunden und zugleich ein Beschreiben. Die<br />

Entdeckungen und Erfahrungen, die der Reisende macht, sind nicht losgelöst<br />

von einem Ort möglich, sondern vielmehr abhängig von dem Zimmer, in dem<br />

er sich befindet (Stiegler 2010: 9 u. 11).<br />

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