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tegorien „Frau“ und „Mann“ und ihre Vorlieben in Bezug auf bestimmte Orte<br />

hier relevant sind. Wenn wir topographische oder thematische Karten unserer<br />

Orientierung unterwegs zugrunde legen, bewegen wir uns also im Bereich<br />

der gesellschaftlichen Konventionen, die nicht nur in der Symbolik und Farbgebung<br />

der Karte zum Ausdruck kommen, sondern auch im Ausschnitt, Maßstab,<br />

Thema, Inhalt und den Auslassungen. Besonders in aktuellen Reiseführern,<br />

wie alternativ sie sich auch nennen mögen, werden Vorurteile, Klischees<br />

und Stereotype zu einzelnen Ländern und Kulturen (re-) produziert.<br />

Die „jetlag Travelguides“ aus dem Heyne Verlag machen diese Facetten der<br />

Reiseführer sichtbar. In dieser Reihe sind bislang Führer zu sechs fiktiven<br />

Ländern erschienen: „San Sombrero“ – Karibik, Karneval und Kakerlaken“,<br />

„Phaic Tan – Land des krampfhaften Lächelns“ und „Molwanien – Land des<br />

schadhaften Lächelns“ sowie „Alpenstein“, „Aloha Takki Tikki“ und „Let’s<br />

go Bongoswana“.<br />

Wird Reisen angetrieben von einer Sehnsucht nach dem Glücksgefühl, das<br />

vorbeiziehende Bilder in uns hervorzurufen vermögen, das aus der Befreiung<br />

vom Zwang, alles bezeichnen und damit bewerten zu müssen und aus dem<br />

Sich-Hingeben an den großen Fluss der Dinge resultiert (Steffen/Siegenthaler<br />

1997: 75), würden wir auf Reisen besser fahren, wenn wir auf Karten ganz<br />

verzichteten. Doch, so gibt Cees Noteboom zu bedenken, „[w]enn du bleiben,<br />

etwas sehen möchtest, kommst du ohne Karte nicht aus“ (Nooteboom). Karten<br />

bannen die Flüchtigkeit der eigenen Erfahrungen und stellen den Fluss<br />

der Bilder, das bewegte und bewegende Leben, fest. Diese Festschreibungen<br />

werden im nächsten Moment wieder verflüssigt und überformt. In Auseinandersetzung<br />

mit dem Zeichnen, Umgestalten und Verwerfen von Karten formiert<br />

und reformiert sich Sinn. Oder anders gesagt: Während die Kontinuität<br />

der Bewegung die Vorstellung entstehen lässt, dass Raum endlos wäre,<br />

unterbricht der Stillstand diese Unendlichkeit, sorgt für ein Innehalten in der<br />

Bewegung und bewirkt, dass Raum zum Ort wird. Diese Unterbrechung, dieser<br />

Stillstand kann durch das Zeichnen einer Karte hergestellt werden. Die<br />

Karte hebt die Kontinuität des Raumes auf und verwandelt ihn in einen Ort.<br />

Indem die Bewegung wieder aufgenommen wird, verwandelt sich Ort in<br />

Raum (vgl. Leed 1993: 93, vgl. auch De Certeau 1988: 217–236).<br />

Im Unterschied zu den im Handel erhältlichen Karten, die eine Region vorstellen<br />

und dieser ein für allemal eine feste Bedeutung zuschreiben, liegt die<br />

Bedeutung der subjektiven Kartographie des Reisenden weniger auf dem<br />

Ergebnis, der Karte, als vielmehr auf dem Vollzug, der Kartierung als kultu-<br />

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