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Werden Reisen als Aufbruch ins Anderswo charakterisiert, so stellt sich die<br />

Frage, wo dieses Anderswo zu finden ist. Was kann das Fremde sein, das uns<br />

lockt, was bedeutet fremd überhaupt? Noch nicht kartierte Flächen, völlig<br />

untouristische Orte und unverdorbene Plätze, die es zu entdecken gilt, sind<br />

kaum noch zu finden. Nach Michel Serres ist die „Zeit der Abenteuer […]<br />

vorbei. Keine Forscher mehr auf der Suche nach schwarzem Gold,… keine<br />

Ethnologen im Land der Inka, keine Schnee- und Bergmenschen im Himalaya,<br />

keine geraubten Zepter, keine Reisen zum Mond“ (Serres nach Künzel 1997:<br />

136). Jedoch sind – folgt man Timm Ulrichs – im Innenleben eines Jeden<br />

„noch […] weiße Flecke des Unbekannten zu vermuten, nur da noch ist Neuland<br />

einer geheimnisvollen Terra incognita zu betreten“ (Ulrichs nach Stiegler<br />

2010: 221). Genauso wenig, wie es die Reise schlechthin gibt, gibt es das<br />

Anderswo, das Fremde oder die Fremde als definitiven Ort. In „Topographie<br />

des Fremden“ weist Waldenfels (1995) darauf hin, dass es das Fremde sehr<br />

wohl noch gibt, allerdings in anderer Form. Waldenfels denkt das Fremde vom<br />

Ort des Fremden her, als ein Anderswo und Außerordentliches, das keinen<br />

angestammten Platz hat und sich unserer Einordnung entzieht, das unseren<br />

begrenzten Ordnungsrahmen sprengt und uns in Frage stellt. Es taucht an den<br />

Rändern und Lücken unserer Sinnbildungen und Ordnungsmuster auf, es ist<br />

inmitten des Eigenen zu finden, quasi als Kehrseite der Medaille.<br />

3 Kartographien und Reisen<br />

Angesichts der Sehnsucht jedes Reisenden nach einem persönlichen Anderswo,<br />

nach individuellen Reiseerlebnissen und ureigenen Reiseerfahrungen<br />

erstaunt es, dass die Karte, das klassische Medium der Orientierung auf Reisen,<br />

nach wie vor eine universelle Gültigkeit hat und attraktive Orte ver- und<br />

vorschreibt. Reisekarten bringen immer einen schon vorstrukturierten und<br />

kollektiven Sinn zur Ansicht. Seit 2010 sind z. B. im Lübecker Kleinverlag<br />

Kalimeda zwei Kartenexemplare erhältlich mit dem Titel „Frauenkarte“ und<br />

„Männerkarte“, die je 400 attraktive Reiseziele in Deutschland für die Frau<br />

respektive den Mann vorstellen. Die Kennzeichnung von Schillers Gartenhaus<br />

in Jena auf der „Frauenkarte“ und die Auslassung der Kennzeichnung<br />

desselben auf der „Männerkarte“, um nur ein Beispiel zu nennen, sagt jedoch<br />

nichts aus über die spezifische Attraktivität des Ortes „Gartenhaus“ für den<br />

einzelnen Reisenden. Die Karte sagt vielmehr etwas aus über eine Zuschreibung,<br />

darüber, was in unserer Gesellschaft als Sehenswürdigkeit gehandelt<br />

wird und welche gesellschaftlichen Orientierungsmuster hinsichtlich der Ka-<br />

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