Das vollständige Grundregelwerk mit satten 380 Seiten! - Degenesis
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D A S T E S TA M E N T<br />
Die Nacht des 15. Dezember 2409 war kalt, ein Schneesturm<br />
fegte über die Flachdächer der Stadt Exalt. In der Ferne stach<br />
das unwirkliche, grüne Glühen des Leuchtfeuers durch die<br />
weiße Wand. Zwei Richter warteten auf dem zentralen Marktplatz,<br />
hatten ihre Krägen hochgeschlagen und rieben sich vor<br />
Kälte die Hände. Ihr Leid sollte nicht lange andauern, denn<br />
wie abgesprochen traf der Chronist Metatag kurz nach ihnen<br />
ein. Die vermummte Gestalt nickte beiden zu und reichte<br />
ihnen ein in Öltuch eingeschlagenes Paket, kreischte durch<br />
seinen übersteuerten Verstärker „<strong>Das</strong> Testament!“ und verschwand<br />
wieder im dichten Schneegestöber, ohne sich noch<br />
einmal umzublicken.<br />
Die beiden Richter hielten das Reisetagebuch des Ersten in<br />
Händen, <strong>mit</strong> seinen gesammelten Erfahrungen, Sinnsprüchen<br />
und <strong>Seiten</strong> voller Paragraphen. <strong>Das</strong> Wissen eines ganzen Lebens<br />
und ein Testament an seine Nachfolger, zusammengetragen<br />
<strong>mit</strong> winziger, krakeliger Schrift auf speckigen <strong>Seiten</strong>.<br />
<strong>Das</strong> Buch sollte die Richterschaft in den kommenden Jahren<br />
zusammenschweißen und ihnen eine Basis sein, auf der sie ihr<br />
Glaubens- und Gesetzeswerk aufbauten.<br />
Bald hatte jeder Richter eine Abschrift des Testaments und<br />
richtete sich danach, wenn er im Ödland die Schuldigen von<br />
den Opfern trennte. Andere analysierten das Werk, interpretierten<br />
und vervollständigten die zahllosen unvollendeten Sequenzen.<br />
Praktiker und Theoretiker bildeten sich heraus. Doch<br />
noch kämpfte man einheitlich für die Sache des Ersten.<br />
J U S T I T I A N<br />
D I E G E R E C H T E F A U S T<br />
Wieder waren es die Chronisten, die den Stein ins Rollen<br />
brachten. Sie boten Richtern und einigen zivilisierten Sippen<br />
des nördlichen Ödlands eine Heimstatt in un<strong>mit</strong>telbarer Nähe<br />
ihres zentralen Clusters. Wohl nicht ohne Hintergedanken,<br />
denn allein der Ruf der wehrhaften Richter sollte ausreichen,<br />
gesetzloses Pack auf Distanz zu halten.<br />
Sie alle nahmen an, befestigten die von den Chronisten<br />
bislang verborgen gehaltenen Brunnen und bauten die alten<br />
Gemäuer aus. Doch nicht alle waren glücklich da<strong>mit</strong>. Den<br />
Advokaten, wie die Theoretiker inzwischen genannt wurden,<br />
boten die steinernen Hallen alles, was sie für das Studium<br />
der Schriften und deren Ausarbeitung benötigten. Doch den<br />
Richtern alten Schlages, die das Recht <strong>mit</strong> eiserner Faust in<br />
die Gesichter feister Verbrecher prügeln wollten, war die entstehende<br />
Stadt ein Korsett, das sie in ihrer Bewegungsfreiheit<br />
beschränkte. Sie machten das beste daraus, auch wenn ihnen<br />
die Zentralisierung nicht schmeckte.<br />
Die Stadt wuchs und gedieh und bekam schon bald den Namen<br />
Justitian, in Anlehnung an die Göttin der Gerechtigkeit<br />
Justitia. Wieder ein Vorschlag der Chronisten. Sie mischten<br />
überall <strong>mit</strong>, schlichen sich in Versammlungen, gaben Rat<br />
auch wenn sie nicht gefragt wurden. Ihrem Einfluss war es zu<br />
verdanken, dass sich ein Richter erhob und die Macht ergriff.<br />
Justus I sollte der erste in einer langen Tradition der Ersten<br />
Richter Justitians werden. Er war es auch, der seine eigene Ver-