Das vollständige Grundregelwerk mit satten 380 Seiten! - Degenesis
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WENN DAS JAHRTAUSEND BEGINNT, DAS NACH DEM JAHRTAUSEND KOMMT<br />
W E R D E N D I E K R A N K H E I T E N<br />
DES WASSERS,<br />
DES HIMMELS<br />
UND DER ERDE<br />
DEN MENSCHEN TREFFEN UND IHN BEDROHEN<br />
ER WIRD DAS, WAS ER ZERSTÖRT HAT, WIEDERERSTEHEN LASSEN UND DAS,<br />
WAS GEBLIEBEN IST, BEWAHREN WOLLEN<br />
ER WIRD VOR DEN TAGEN ANGST HABEN, DIE VOR IHM LIEGEN.<br />
DOCH ES WIRD ZU SPÄT SEIN<br />
DIE WÜSTE WIRD DIE ERDE ÜBERZIEHEN,<br />
U N D D A S WA S S E R W I R D T I E F E R U N D T I E F E R W E R D E N<br />
ES WIRD AN BESTIMMTEN TAGEN FLIESSEN<br />
UND ALLES MIT SICH REISSEN,<br />
S I n t<br />
N E U E W E G E<br />
W I E E I N E S I N T F L U T<br />
SEINETWEGEN WIRD ES FÜR DIE ERDE KEIN MORGEN GEBEN<br />
UND DIE LUFT WIRD DIE KÖRPER DER SCHWÄCHSTEN ZERFRESSEN.<br />
[ J E H A N D E V E Z E L AY ]<br />
Der Kult wächst, doch die Zahl der ertragreichen Routen<br />
stagniert. Viele Neolibyer verlassen die Handelsbank nach der<br />
jährlichen Auktion <strong>mit</strong> leeren Händen. Die meisten davon begeben<br />
sich als Verwalter oder Karawanenführer in das Gefolge<br />
eines der reicheren Neolibyer. Der verbleibenden Minderheit<br />
stehen nur wenige Wege offen: Da wären die Freihandelszonen<br />
in Borca, Pollen und im Balkhan – ungewisser Gewinn,<br />
starke Konkurrenz und brandgefährlich – und die von der<br />
Bevölkerung eifersüchtig bewachten Artefaktgründe. <strong>Das</strong> Risiko<br />
dort ist enorm, aber der Ertrag kann es ebenso sein. Ein<br />
Hauch von Abenteuer und Romantik umweht die verrufenen<br />
Neolibyer, die sich einen Dreck um die Konzessionen scheren,<br />
um stattdessen tief ins Feindesland vorzustoßen.<br />
Schrottertrupps durchkämmen inzwischen auch borcische<br />
Ruinen nach Relikten des Urvolks und demontieren und verladen<br />
ganze Anlagen. Die Neolibyer sind ihre Kapitäne, Fahrer<br />
und Anführer.<br />
H E R K U N F T<br />
Obwohl das „Libyer“ in Neolibyer auf das gleichnamige voreshatologische<br />
Land hindeutet, stammen die Händler aus allen<br />
Regionen Africas. Berber, Araber oder Schwarzafrikaner – jede<br />
Hautfarbe von leicht gebräunt zu ebenholzschwarz findet sich<br />
in ihren Reihen, und ebenso vielfältig sind die Gesichtsformen.<br />
Der ehemalige Streit der Klans ist verebbt. Man ist Africaner,<br />
nicht mehr Libyer, Swahili oder Tuareg. Fremdenhass<br />
beschränkt sich auf die europäischen Völker und zielt auf die<br />
feindliche Kultur der Unterdrücker – und wird eher durch<br />
Traditionen und Geißler vorgegeben als wirklich empfunden.<br />
Treten Neolibyer ohne die Sittenwächter im Norden auf, geben<br />
sie sich meist tolerant und weltoffen.<br />
T I E F V E R W U R Z E LT<br />
Die Geißler schlugen den Feind zurück, dann begann die Arbeit<br />
der Neolibyer und Schrotter. Ihnen bürdete man die Last auf,<br />
ein zerstörtes Land aufzubauen und ihm Wohlstand in einer Zeit<br />
des Niedergangs zu bescheren. <strong>Das</strong> Volk könnte in die Vergan-<br />
genheit blicken und sich für das Erreichte bedanken. Es könnte<br />
zufrieden sein <strong>mit</strong> dem Opfer der Neolibyer. Doch es fordert.<br />
Neolibyer sind seit jeher untrennbar <strong>mit</strong> dem Dorf ihrer Familie<br />
verbunden. Sie sind nicht die Anführer, aber die Versorger.<br />
Versagen sie in ihren Geschäften, ist es nicht nur ein persönlicher<br />
Misserfolg, sondern sie riskieren da<strong>mit</strong> den gesellschaftlichen Abstieg<br />
ihrer Sippe. Niemand ist in Africa gerne Vater, Mutter, Bruder<br />
oder Schwester eines Versagers: Bringt Reichtümer, zeigt dem<br />
Nachbardorf, dass unsere Kinder besser sind als ihre! Die Konkurrenz<br />
der Dörfer untereinander ist groß, und der Kampf des Protzens<br />
wird auf den Rücken der Neolibyer ausgetragen. Es wäre ein<br />
Last für sie, würden sie es nicht lieben Teil des schrillen Reigens zu<br />
sein. <strong>Das</strong> Schicksal ihrer Gemeinschaft liegt in ihren Händen, doch<br />
in der Gewissheit, der starke Arm eines starken Volkes zu sein,<br />
lassen sie sich kaum durch Selbstzweifel trüben. Sie können alles<br />
besorgen und an jeden verkaufen. Sie lieben die Herausforderung.<br />
Ein „das geht nicht“ kommt in ihrem Vokabular nicht vor. Geld<br />
ist ihr Gott, und dieser Gott segnet ihre Dörfer <strong>mit</strong> Prachtbauten,<br />
Manufakturen, Kraftwerken, Schulen, Bibliotheken...<br />
A U K T I O N E N<br />
Traditionell werden die Konzessionen am ersten Tag des ersten<br />
Monats eines Jahres neu verhandelt. In der langen Geschichte<br />
des Kults gab es nur wenige Ausnahmen. Eine davon in jüngster<br />
Zeit, als ein Sturm über dem Mittelmeer Dutzende Neolibyer-<br />
Schiffe auf Bedain festhielt. Es war der Auktionator, der <strong>mit</strong><br />
den Traditionen brach und die Verhandlungen um zehn Tage<br />
verschob. Verlassen sollte man sich nicht darauf – wer zu spät<br />
kommt und keinen Abgesandten in der Handelsbank hat, verliert<br />
alle Konzessionen.<br />
Die in den Auktionen erwirtschafteten Reichtümer fließen in<br />
die Tresore der Handelsbank und von da weiter in die Taschen<br />
von Handwerkern, die den Ausbau Tripols voranbringen. Große<br />
Summen werden auch an verarmte Siedlungen im Umland<br />
ausgegeben. Neolibyer hassen Armut in der Nähe ihrer Hauptstadt.<br />
E I N T R O P F E N G A L L E<br />
Geißler opfern ihren Leib dem Kampf und dem Wohlergehen<br />
ihres Volkes – der Neolibyer hingegen wird als feiger Trickster<br />
verstanden, der seinen Wanst lieber hinter hohen Mauern ver-