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Das vollständige Grundregelwerk mit satten 380 Seiten! - Degenesis

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94<br />

Heiler verweisen. Vom verzweifelten Glauben an die Allmacht<br />

der Ärzte beseelt, machen sich viele Kranke aus entlegenen<br />

Regionen der Staublunge auf den beschwerlichen Weg zum<br />

Spital – ein nie abreißender Tross gebeugter Gestalten, vom<br />

Siechtum gezeichnet.<br />

Ihr Ziel liegt in den östlichen Ausläufern der Staublunge<br />

in<strong>mit</strong>ten eines Ruinenfeldes. Viele der Zugangsstraßen wurden<br />

von Geheilten als Buße und Dank von Trümmern und alten<br />

Karossen geräumt. Kleine Steinaltäre säumen den Weg. Opfergaben<br />

in Form ausgebluteter Ratten, Ketten oder Gestecke<br />

aus Flechten und Technikschrott sind ein sicheres Indiz dafür,<br />

dass man sich dem Spital nähert. Für all die Verirrten wurden<br />

in der Umgegend Schilder <strong>mit</strong> dem Spitalierkreuz und Pfeilen<br />

aufgestellt, die den Weg durch das Labyrinth der Trassen zu<br />

einer der Hauptstraßen weisen.<br />

Niemand kann <strong>mit</strong> Sicherheit sagen, wo der Übergang zwischen<br />

Ödland und äußerem Ring vollendet ist und wie weit<br />

das Spitalier-Gebiet in das Ruinenfeld reicht: Plötzlich steht<br />

man in<strong>mit</strong>ten keuchender Lumpengestalten, passiert Zelte, es<br />

riecht nach Erbrochenem. Von den Spitaliern selbst wird diese<br />

Zone kühl „Appendix“ genannt, ein ungeliebtes Anhängsel.<br />

Durch das Verriegeln der Tore in der Festungsmauer des inneren<br />

Rings kann sie leicht vom Rest des Spitals abgeschnitten<br />

werden.<br />

Die nur in Vollschutz auftretenden, eingekalkten Spitalier-<br />

Patrouillen registrieren jeden Neuankömmling, stellen eine<br />

erste Diagnose, benennen den Preis einer Behandlung und<br />

weisen je nach Krankheitsbild einen Platz in der weitläufigen<br />

Appendix-Zone zu. Diese ist streng in einzelne Sektoren für<br />

die unterschiedlichen Gebrechen unterteilt: Da wären das<br />

Cholera-Viertel, die Pestgasse, die Ruhr-Allee und andere zu<br />

nennen.<br />

Die Ruinen der Alten sind wieder bewohnt – eine Stadt,<br />

erfüllt von flackerndem, kränklichem Leben in den Zeiten<br />

des Andrangs, eine nach Verwesung stinkende Nekropole in<br />

den Zeiten der Ohnmacht. Einige der dunklen, hoch in den<br />

Himmel ragenden Gebäude sind <strong>mit</strong> Warnzeichen versehen,<br />

welche <strong>mit</strong> breiten Pinseln und roter Farbe grob gemalt die<br />

gesamte Häuserfront überziehen; andere Bauten sind nicht<br />

mehr als verkohlte Betonskelette, gereinigt von Keimen durch<br />

Feuerstöße aus spitalischen Brennern. Zelte und Hütten aus<br />

Metallschrott sprießen überall dort aus dem Boden, wo ein<br />

Viertel überfüllt ist. <strong>Das</strong> zugewiesene Gebiet zu verlassen wagt<br />

niemand.<br />

So bizarr es auch zwischen all den zerlumpten, Schleim<br />

rotzenden und dahinsiechenden Gestalten scheinen mag, es<br />

gibt ein normales Leben in dieser Stadt der Verdammten: Familien<br />

verweilen an der Seite ihrer Kranken, gehen einfachen<br />

Arbeiten nach; Bettler drücken sich an die Häuserwände und<br />

flehen um Nahrung und Wasser; Händler <strong>mit</strong> nassen Tüchern<br />

über Mund und Nase bieten zubereitete Früchte, Knollen und<br />

Flechten zu überteuerten Preisen an.<br />

Die Möglichkeiten der Spitalier in dieser Siechtumszone<br />

sind begrenzt, und viele der aus der Ferne Herbeigereisten<br />

verrecken elendig, während sie auf die überlasteten Ärzte warten,<br />

die sich Tag um Tag durch Ströme wimmernder Gestalten<br />

kämpfen. Es gibt Nächte, wenn der Wind aus Südwest weht,<br />

da glaubt man das Geschrei und Gejammer der Sterbenden<br />

bis in das ferne Technikcentrum vernehmen zu können, dort<br />

kaum mehr als ein angstvolles Seufzen.<br />

Niemand im Appendix kann sich sicher sein, nicht ebenso<br />

zu enden wie die klamme Gestalt in der Hütte nebenan. Nur<br />

Waren oder Wechsel erhöhen die Überlebenschance, denn <strong>mit</strong><br />

ihnen vermag man sich den Weg durch die befestigten Tore in<br />

den Corpus zu erkaufen.<br />

P R I M E R - W I S S E N<br />

<strong>Das</strong> Volk vertraut auf das Wissen der Spitalier bezüglich des<br />

Primers, der Fäulnis und der Psychonauten. Der Glaube geht<br />

in Borca soweit, dass die Warnung der Ärzte, Insekten könnten<br />

Sporenträger sein, zu einem regelrechten Vernichtungswahn<br />

der kleinen und meist harmlosen Gliedertiere geführt hat.<br />

Doch was wissen die Ärzte wirklich? Eine schwere Frage,<br />

da sich das Spital nur ungern in die Karten schauen lässt<br />

und seinen Mythos der Allwissenheit hinter dem Schleier<br />

der Geheimnistuerei bewahrt. Sicherlich wissen die unteren<br />

Dienstgrade bis zu den Famulanten und Ärzten hinauf nur<br />

das Nötigste: Die Verbindung zwischen Primer und Fäulnis,<br />

Grundlagen über die Metamorphosen eines Sporenfeldes,<br />

Verbreitungsarten. Die Konsultanten und einige Altvordere<br />

werden über weiterreichende Informationen verfügen, scheinen<br />

diese aber vor der Masse der Spitalier unter Verschluss zu<br />

halten. Was sehr ungewöhnlich ist, da doch jegliches Wissen<br />

von Nutzen sein könnte.<br />

D E R I N N E R E R I N G :<br />

C O R P U S<br />

Im Corpus erinnern nur die über die Mauern wehenden<br />

Schreie an das Leid und das Chaos im Appendix. Die Spitalier<br />

in dieser Zone legen ein geschäftiges Treiben an den Tag, sind<br />

nervös und überarbeitet, aber nicht abgezehrt und verzweifelt<br />

wie ihre Kollegen im Appendix. Ein Labyrinth aus Baracken,<br />

schmalen Gassen, Tunneln, Kavernen und einigen größeren<br />

Plätzen überzieht das Gebiet; in seiner Mitte thronen die<br />

schmutzigen Betonblöcke des Spitals. Jeder kennt hier seinen<br />

Weg, beschreitet ihn ebenso sicher, wie eine Ameise den Pheromonspuren<br />

ihrer Königin folgt. Kein Fremder wird jemals<br />

in die Verlegenheit kommen, sich im Corpus orientieren zu<br />

müssen, denn die wenigen Kranken, die sich eine bessere Behandlung<br />

erkauft haben, werden sofort in die Baracken nahe<br />

der Tore gebracht, wo sie bis zur Genesung verbleiben. Und<br />

sie tun gut daran, sich an den verordneten Hausarrest zu halten<br />

– der Corpus ist für Uneingeweihte ein gefährlicher Ort:<br />

In den zahlreichen Hochsicherheitslaboren werden die Auswirkungen<br />

von Seuchen auf Tiere untersucht; hier befinden<br />

sich auch die Zugänge in die unterirdischen Lagerstätten für<br />

Sporen- und Seuchenopfer. Kaum ein anderer Ort im Ödland<br />

besitzt wie dieser das Potenzial, den endgültigen Tod über die<br />

Menschheit zu bringen: Pest, Cholera, Typhus, Ruhr und viele<br />

andere Proben von Seuchen lagern hier, sorgsam eingesponnen<br />

von den Echein-Spinnen. <strong>Das</strong> Tragen von Schutzmasken<br />

ist ebenso Pflicht, wie eine <strong>vollständige</strong> Desinfektion der Ausrüstung<br />

und freier Hautpartien in einem Destillat-Bad nach<br />

Verlassen der Kavernen.

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