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Das vollständige Grundregelwerk mit satten 380 Seiten! - Degenesis

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24<br />

A M A N F A N G<br />

S T E H T D A S E N D E<br />

Eine Fliege torkelte durch Berlin, schranzte an Bretterverschlägen<br />

vorbei und surrte gegen Scheiben, hinter<br />

denen niemand mehr arbeitete. <strong>Das</strong> Säuseln der Frühjahrsbrise<br />

war ihr stiller Begleiter. Zeitungen und Bücher<br />

lagen auf den Straßen wie zertretene Vögel. Autos<br />

brannten, das Straßenpflaster war aufgebrochen, Schmierereien<br />

verunstalteten die Wände: „<strong>Das</strong> Ende ist da!“<br />

Die Menschen waren auf das Land und in die Berge geflohen.<br />

Geringere Brandgefahr, glaubten sie. Nur die ewigen Optimisten,<br />

Skeptiker oder einfach nur Wahnsinnigen verharrten<br />

grimmig in ihrer Stadt, die Feueraxt im Schoße. Plünderer baumelten<br />

an Laternenmasten. <strong>Das</strong> gierige Gekrächze der Krähen<br />

hallte durch die Häuserschluchten. Über all dem flackerte eine<br />

Gruppe neuer Sterne am Firmament. Erst konnte man sie nur<br />

am Nachthimmel ausmachen, später durchstachen sie <strong>mit</strong> ihrer<br />

Brillanz auch die Helligkeit des Tages. Wochen danach waren<br />

aus den Leuchtpunkten gleißende Fackeln geworden.<br />

Viele wendeten sich dieser Tage enttäuscht von der Technik<br />

ab, die sie nicht vor dem, was kommen würde zu schützen<br />

vermochte, und suchten das Heil im Glauben. Tradition stand<br />

wieder hoch im Kurs. Endzeitsekten erfuhren einen enormen<br />

Zuwachs, aber auch in den Gotteshäusern der alten Religionen<br />

drängte man sich Trost suchend aneinander.<br />

Es verblieben noch zwei Tage bis zur Apokalypse. Massenselbstmorde,<br />

Plünderungen und Selbstjustiz in der ganzen<br />

Welt waren die ersten Anzeichen einer sich wandelnden Gesellschaft:<br />

ein bitterer Vorgeschmack auf die Entmenschlichung<br />

des Menschen, auf das Zeitalter des Tieres. Die Auflösung<br />

hatte schon jetzt begonnen.<br />

Nur noch ein Tag, um ein ganzes Leben zu leben. Homo<br />

Sapiens war auf seine stärksten Emotionen reduziert: Liebe,<br />

Hass, Begierde, Macht – und Angst. Ein chaotischer Mahlstrom<br />

der Gefühle, unwiderstehlich und widerlich in seiner<br />

Anziehungskraft. Orgien, grenzenlose Gewalt, gieriges Zusammenraffen,<br />

aber auch Aufopferung und wahre Herzenswärme<br />

wechselten sich ab von Straßenzug zu Straßenzug.<br />

Alarmanlagen quäkten, zerborstenes Glas knirschte unter<br />

den Schuhen, man spürte die Hitze der Flammen auf der<br />

Haut und roch und schmeckte den Brand des Gebäudes von<br />

nebenan, Zeitschriften und Akten wehten über die Straße. <strong>Das</strong><br />

Ende war da.<br />

D E R TA G D A N A C H<br />

2073. <strong>Das</strong> Jahr der Apokalypse. <strong>Das</strong> Weltgefüge erzitterte unter<br />

den Schlägen aus dem All, Kulturen zerbarsten und sollten<br />

sich nie wieder erholen. 10.000 Jahre Zivilisation verglühten an<br />

nur einem Tage.<br />

Europa war durch das Asteroidenbombardement schwer<br />

getroffen. Gewaltige Brände und elektrostatische Entladungen<br />

erhellten die Nacht; am Tage schluckten Rauchwolken, verdampfte<br />

Asteroidenmaterie und aufgewirbelter Dreck jeden<br />

Sonnenstrahl. Der Regen war sauer und giftig. Die Städte<br />

stanken nach Tod.<br />

Doch es sollte schlimmer kommen: Entlang einer geschwungenen<br />

Linie von Kratern, die in Norddeutschland<br />

begann, sich durch die Alpen bis an den Ansatz des italienischen<br />

Stiefels und weiter an die Küsten Afrikas zog, brach<br />

die Erdkruste auf. Erdbeben und ausbrechende Vulkane kündigten<br />

eine neuerliche Katastrophe an. Extreme tektonische<br />

Spannungen ließen Mutter Erde unter Schmerzen aufstöhnen.<br />

Risse bahnten sich krachend den Weg durch den Untergrund,<br />

gigantische Landschollen von der Größe ganzer Städte wurden<br />

in die Höhe gepresst, Stein kreischte auf Stein. In Nord- und<br />

Mitteldeutschland brodelten monatelang die Lavamassen und<br />

verwandelten die Region in eine graue Schlackewüste. Ortschaft<br />

um Ortschaft wurde zwischen den sich auftürmenden<br />

Erdschollen zermalmt, glühendes Gestein ergoss sich in die<br />

Straßen, ließ Autos wie Butter schmelzen, füllte Keller und<br />

Bunker. Giftige Gase wurden vom Wind in den Osten getragen<br />

– und das Sterben nahm kein Ende.<br />

Roter Kraterstaub und vulkanische Asche zogen in dichten<br />

Wolken über den Himmel, tauchten das Land in Zwielicht. Die<br />

Sonne war kaum mehr als eine ferne, glosende Murmel.<br />

E I S Z E I T<br />

Die Jahre der Dunkelheit forderten ihren Tribut. Eisige Kälte<br />

wehte über die ausgebrannten Ruinen, der Schnee lag dick<br />

auf den Straßen, türmte sich auf verlassenen Autokadavern.<br />

Es schien, als wolle er das Geschehene unter seinem weißen,<br />

großzügig geschwungenen Mantel verbergen. Ein ewiger Winter,<br />

eine Eiszeit, kündigte sich an.<br />

Die Polkappen dehnten sich aus, raubten dem Meer sein<br />

Wasser und türmten es zu gewaltigen Gletschern auf. Nordeuropa<br />

versank im Schnee und drohte unter ihm zu ersticken.<br />

Der Grundwasserspiegel sank unaufhaltsam, der Meeresspiegel<br />

fiel im Laufe der Jahrhunderte um über 30 Meter. Die küstennahen<br />

Ruinen lagen auf dem Trockenen, waren plötzlich<br />

Kilometer vom Wasser entfernt.<br />

Afrika erging es besser als Europa. Äquatoriale Luftströmungen<br />

drängten die Staubwand in mächtigen Wirbeln nach<br />

Norden und Süden ab; der schwarze Kontinent konnte durchatmen.<br />

Die Klimazonen verschoben sich: Kälte regierte in<br />

Europa und Südafrika, das in weiten Teilen von der Antarktis<br />

geschluckt worden war, und ein mediterranes Klima löste die<br />

wabernde Hitze über Nord- und Zentralafrika ab. Ein warmer,<br />

feuchter Wind trieb vom Atlantik regenschwere Wolken über<br />

den schwarzen Kontinent, wo sie sich in den noch jungen subtropischen<br />

Urwald ergossen. Die Sahara erblühte, während der<br />

Rest der Welt zu erfrieren schien.<br />

E V O L U T I O N<br />

Jahrzehnte waren vergangen seit der großen Katastrophe<br />

– Jahrzehnte, in denen der Mensch Zeit hatte, Worthülsen wie<br />

Eshaton, Weltenbrand, Armageddon oder Götterdämmerung<br />

über den Schrecken dieser Tage zu stülpen. <strong>Das</strong> Wissen um die<br />

wahren Begebenheiten verblasste – lückenhaft und durchsetzt<br />

von Legenden und Prophezeiungen waren die Überlieferungen<br />

jener Zeit kaum mehr als im Wahn niedergekritzelte Beschreibungen<br />

des Unfassbaren.<br />

Der Homo Sapiens musste sich anpassen, wollte er überleben.<br />

Wer zu behäbig war, neue Wege zu beschreiten, wurde<br />

aus dem menschlichen Genpool entfernt – der Nächste bitte!<br />

Der Baum der Evolution wurde grob an allen <strong>Seiten</strong> gestutzt,

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