Das vollständige Grundregelwerk mit satten 380 Seiten! - Degenesis
Das vollständige Grundregelwerk mit satten 380 Seiten! - Degenesis
Das vollständige Grundregelwerk mit satten 380 Seiten! - Degenesis
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
84<br />
Anubien und den Sudan und ziehen friedlich über sie hinweg.<br />
<strong>Das</strong> Klima ist dort dementsprechend trockener; eine weite<br />
Feuchtsavanne <strong>mit</strong> bis zu drei Meter hohen Gräsern erstreckt<br />
sich über das Land, Wälder drängen sich an den Flussläufen<br />
und Seen, sind aber auch vereinzelt in dichten Gruppen in der<br />
Ebene anzutreffen.<br />
D R E I A S P E K T E D E S L Ö W E N<br />
Der Löwe ist eine Metapher für das africanische Volk: Er ist<br />
der Herr der Savanne, wild und ungestüm und niemandes<br />
Sklave, seine Schönheit ist legendär und wird nur durch seine<br />
Kraft in den Schatten gestellt. Drei Aspekte bestimmen ihn<br />
und sein Volk: Die Geißler sind die Krallen des Löwen, <strong>mit</strong><br />
denen er sich seine Freiheit bewahrt und seine Feinde zerfetzt;<br />
die Neolibyer sind das Herz, führten sie den geschwächten<br />
Kontinent doch zu neuer Kraft und Ausdauer und erhalten<br />
ihn auch am Leben; und zuletzt die Anubier. Sie stehen für die<br />
Seele Africas, denn sie bewahren das Wissen an die Ahnen,<br />
sind Schamanen und Sinnsucher gleichermaßen.<br />
Während diese Einteilung in der Küstenregion von Gibraltar<br />
bis hin nach Anubien akzeptiert und geschätzt wird, gibt es<br />
in den wilden Landen Zentralafricas noch immer unabhängige<br />
Sippen, die sich über Jahrhunderte jeglichen Einflusses von<br />
außen erwehrt hatten, <strong>mit</strong>unter nicht einmal von der Existenz<br />
der Neolibyer, Geißler oder Anubier wussten. Erstaunlich,<br />
dass eben diese abgeschiedenen Gemeinschaften ähnliche<br />
Strukturen ausprägten, ganz so, als seien der prunksüchtige<br />
Händler, der geheimnisvolle Schamane und der dominierende<br />
Rächer archetypische Elemente, die sich automatisch in einer<br />
Kultur herausbildeten. Was nicht abwegig ist und soziologisch<br />
und psychologisch erklärbar wäre, gäbe es nicht einige seltsame<br />
Ähnlichkeiten bei der Namensgebung. <strong>Das</strong> Äquivalent<br />
zum Neolibyer wird sich in einem abgeschiedenen Dorf Naolibya<br />
oder Nolib nennen, und entsprechend verhielte es sich<br />
<strong>mit</strong> Geißlern und Anubiern. Dabei hatte dieses Dorf nie Kontakt<br />
<strong>mit</strong> der africanischen Kultur am Mittelmeer. Es scheint<br />
tatsächlich, als sei Africa durchdrungen von einem Geist des<br />
Aufschwungs, der keinen anderen Weg zulässt. Sind gar die<br />
Ahnen erwacht und nehmen ihre Nachfahren an die Hand?<br />
A H N E N K U LT<br />
<strong>Das</strong> Borcern und Frankern so geläufige und selbstverständliche<br />
Konkurrenzdenken ist den Africanern fremd – schließlich<br />
lebt man in einer von spirituellen und mystischen Prinzipien<br />
durchdrungenen Welt, wird von seinen Ahnen und Naturgeistern<br />
beobachtet und eingeschätzt. Mit dem Glauben an<br />
diese übernatürlichen Mächte gehen gewisse moralische Verpflichtungen<br />
einher. So darf das eigene Leben sich nicht von<br />
dem seit Alters her überlieferten Weg lösen, will man nicht in<br />
Ungnade fallen. Man muss jede Tat, sei es das Schlachten eines<br />
Tieres oder das Fällen eines Baumes, begründen und entschuldigen<br />
können, denn jeder Mensch, jedes Tier und jeder noch<br />
so staubige Stein am Fuße eines zerklüfteten Felsens könnte<br />
die Inkarnation eines Ahnen oder eines reizbaren Geistes sein.<br />
Respekt und Menschlichkeit, auch dem Geringsten gegenüber,<br />
sind nicht eine Frage der moralischen Integrität, sondern des<br />
Erhalts des eigenen Seelenfriedens.<br />
Z U S A M M E N S P I E L<br />
Der Seelenfrieden eines Neolibyers hingegen wird weniger<br />
durch mystisches Brimborium, als vielmehr durch den Dinar<br />
aufrecht erhalten. Einen verdammt großen Haufen klingender<br />
Dinare. Der Geschäftssinn der Neolibyer ist legendär. Der<br />
Reichtum der Küstenstädte, als auch vieler kleinerer Dörfer<br />
im Hinterland, ist zweifellos ihr Verdienst. Es ist ein Segen<br />
für das africanische Volk, dass sich die Neolibyer nicht da<strong>mit</strong><br />
zufrieden geben erfolgreich und wohlhabend zu sein, sondern<br />
dass sie es auch zeigen wollen. Meist sind es die Heimatdörfer,<br />
die von den Händlern benutzt werden, ihren Status zu<br />
repräsentieren: Ein neuer Brunnen wird gegraben und <strong>mit</strong><br />
einer Pumpanlage versehen, die Gebäude werden gemauert,<br />
die Straßen gepflastert, eine elektrische Beleuchtung macht die<br />
Nacht zum Tag... <strong>Das</strong> eigene Dorf wird zum Aushängeschild<br />
der eigenen Eitelkeit – Seht her, wie gut es meinen Brüdern<br />
und Schwestern geht! – und die Einwohner reiben sich zufrieden<br />
die Hände. Seit Jahrhunderten ist dies Tradition, und<br />
es funktioniert gut. Der Wettkampf unter den Neolibyern hat<br />
Africa reich und fett gemacht.<br />
Auf der anderen Seite stehen die Geißler. Sie werden<br />
von der Bevölkerung eher akzeptiert als die Händler, da sie<br />
ihr Leben im Kampf für Africa einsetzen. Man sieht sie als<br />
Todgeweihte, denen man die letzten Tage im Leben möglichst<br />
angenehm machen muss – auf Kosten der Neolibyer. Denn<br />
ein Geißler hat der Tradition nach das Recht, Nahrung, Unterkunft<br />
und Waffen einzufordern. Meist beschränken sich die<br />
Händler <strong>mit</strong> ihren Gaben auf das Nötigste, sind sie jedoch die<br />
Gönner des Dorfes und der Geißler ein Einheimischer, dürfen<br />
sie nichts vor ihm verstecken. Es verwundert daher kaum, dass<br />
so viele schwangere Frauen kurz vor der Niederkunft in reiche<br />
Städte wie Tripol ziehen und darauf hoffen, dass ihre Kinder<br />
einst als Geißler die beste Ausrüstung erhalten.<br />
Und so ist es ein ständiges Nehmen und Geben: Die Neolibyer<br />
schaffen Reichtum und streuen ihn in ihrer Prunksucht<br />
unters Volk; die Geißler zehren davon, ebnen den Händlern<br />
den Weg und schaffen unfreiwillige, aber billige Arbeitskräfte<br />
ins Land. Es läuft gut für Africa.