EINE GRENZE VERSCHWINDET - Instytut Spraw Publicznych

Hanna Bojar > DIE NEUE POLNISCHE MIGRATION NACH DEUTSCHLAND. DAS... 115
zum Beispiel keine Chance auf Geldleistungen. Für Polen kann es überraschend
sein, dass ein Beamter – anstatt sich aufzuregen, dass man schon zum zehnten
Mal ankommt und nervt – ruhig erklärt: „Sie erfüllen die Bedingungen von Punkt
Nr. 4 nicht”. Man muss die Formalitäten sehr genau erfüllen, denn „nebenbei”
kann man hier nichts erledigen. [1]
In der Mehrzahl der Fälle haben die polnischen Bürger nicht den
Eindruck, dass sich ihre Nationalität negativ auf die Erledigung ihrer
amtlichen Angelegenheiten und die Behandlung durch die Beamten
auswirkt. Außerdem stellen sie immer häufi ger die Anwesenheit von
polnisch sprechenden Mitarbeitern in Behörden fest.
Wir merken keinen Unterschied in der Art und Weise, wie wir behandelt werden.
Wenn wir etwas erledigen, behandelt uns niemand schlechter, nur weil wir Polen
sind. Nicht nur das, sie behandeln uns sogar besser! Sie haben Verständnis und
erklären uns Dinge. Die Beamten helfen uns, alle Formulare auszufüllen und
erledigen alles, was notwendig ist. [15]
Das Auftreten von gewissen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit
den formalisierten Prozeduren wird von Polen sogar eher als Merkmal
des deutschen Systems wahrgenommen, anstatt als Ausdruck des
Widerwillens deutscher Beamter im Verhältnis zu den Neuankömmlingen
aus Polen. Unter den Äußerungen der Befragten fanden sich jedoch auch
vereinzelt weniger positive Bemerkungen über die Funktionsweise
deutscher Behörden.
Viel hängt auch von den Polen selbst ab. Allgemein sind die Deutschen positiv
eingestellt, aber wenn sich jemand nicht verständigen kann, oder Streit anfängt,
weil er etwas nicht versteht…von einem solchen Antragsteller hätte ich auch die
Nase voll. [18]
Meine Erfahrungen sind sehr positiv. Alle Angelegenheiten habe ich schnell
und effektiv erledigt. Allerdings muss ich zugeben, dass Anträge von Deutschen
schneller bearbeitet werden, als die von Polen. [2]
Der Vergleich der Funktionsweise deutscher und polnischer Behörden
fällt meistens zu Gunsten des deutschen Systems aus. Die Redlichkeit des
Autors erfordert es jedoch, darauf hinzuweisen, dass in einigen Fällen
die Antworten der Gesprächspartner in Bezug auf die Beziehungen mit
deutschen Behörden stark durch das Prinzip der politischen Korrektheit
beeinfl usst zu sein schienen. Dadurch wurden häufi ger allgemein positive
Beurteilungen geäußert und negative Aussagen vermieden – ganz nach
dem Prinzip, dass „der Gast nicht schlecht über den Gastgeber spricht”.