EINE GRENZE VERSCHWINDET - Instytut Spraw Publicznych
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Hanna Bojar > DIE NEUE POLNISCHE MIGRATION NACH DEUTSCHLAND. DAS... 151<br />
der Vergangenheit nicht vergessen sind und sicherlich noch lange im<br />
Gedächtnis der im Grenzgebiet lebenden Polen und Deutschen bleiben<br />
werden. Dies betrifft insbesondere jene Ereignisse, die mit dem Schicksal<br />
beider Nationen während des Zweiten Weltkriegs und den Konsequenzen<br />
des Kriegs für die deutschen Einwohner des Grenzgebiets verbunden<br />
sind.<br />
Das Problem mit der deutsch-polnischen Aussöhnung ist komplex, da<br />
dieser Prozess nach dem Zweiten Weltkrieg unterbrochen wurde. Trotz der<br />
versöhnlichen Fassade zwischen der Volksrepublik Polen und der DDR brodeln<br />
unter der Oberfl äche Konfl ikte und antipolnische Phobien. […] Die deutschen<br />
Nachbarn sprechen von Vertreibungen, insbesondere wenn sie angetrunken<br />
sind. Denn hier leben Deutsche, die praktisch aus der Nachbarschaft vertrieben<br />
wurden, aus Dörfern bei Stettin, und aus ihren eigenen Häusern geworfen<br />
wurden. [6]<br />
Trotz dieser Erfahrungen dominieren sowohl<br />
unter den nach Deutschland eingewanderten<br />
Polen, als – deren Meinung nach – auch unter den<br />
Deutschen eine pragmatische Einstellung sowie<br />
eine Orientierung in Richtung Gegenwart und<br />
Zukunft25 . Polnische Bürger, die sich im Grenzgebiet<br />
ansiedeln, sind darum bemüht, dass die Ereignisse<br />
der Vergangenheit die heutigen täglichen<br />
Beziehungen nicht belasten. Auch die Deutschen<br />
verhalten sich ähnlich.<br />
Obwohl die Vergangenheit<br />
und die schwierigen<br />
Erfahrungen mit der<br />
Geschichte der deutschpolnischen<br />
Beziehungen<br />
nicht in Vergessenheit<br />
geraten sind, dominieren in<br />
Bezug auf heutige Kontakte<br />
pragmatische Haltungen und<br />
eine Orientierung auf die<br />
Gegenwart und Zukunft.<br />
Ein gewisser Patient sagte mir einmal, wir hätten ihnen Stettin weggenommen.<br />
Andere kommen gelegentlich auf das Thema Vertreibungen zu sprechen. Aber<br />
dann sage ich, dass es nicht wir waren, die die Grenzen auf der Landkarte<br />
eingezeichnet haben, und das verstehen sie dann. Nicht wir sind für die<br />
Potsdamer Konferenz verantwortlich. [19]<br />
Hier herrscht eine starke politische Korrektheit, wenn es um das Thema<br />
Geschichte geht. Über die Geschichte spricht man nicht. Niemand hat mich<br />
jemals angesprochen und gesagt: „Ihr habt die Deutschen vertrieben!”. Und<br />
ich wiederum sage nicht zu meinem Nachbarn: „Denk daran, dass mein Opa<br />
25 Wie aus Untersuchungen auf Grundlage von polenweiten Stichproben hervorgeht, dominiert<br />
diese Haltung unter den Ansichten zum Thema deutsch-polnische Beziehungen – vgl. A. Łada,<br />
Patrzymy w przyszłość. Polacy o polsko-niemieckiej współpracy i o znaczeniu historii we wzajemnych<br />
stosunkach [Wir schauen in die Zukunft. Polen über die deutsch-polnische Zusammenarbeit und<br />
über die Bedeutung der Geschichte für die gegenseitigen Beziehungen], <strong>Instytut</strong> <strong>Spraw</strong> <strong>Publicznych</strong>,<br />
Warschau 2011.