Institutsbericht 2002/2003 - Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik ...
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17 Erste in situ Turbulenzmessung in 78 ◦ N<br />
(B. Strelnikov, H.-J. Heckl, F.-J. Lübken, M. Rapp)<br />
Abb. 17.1: Der CONE-Sensor<br />
zur hochaufgelösten Messung der<br />
Neutralgasdichte, der während<br />
aller drei Raketenflüge zum Einsatz<br />
kam.<br />
Im Juli <strong>2003</strong> wurden im Rahmen der deutsch/norwegischen<br />
ROMA-SVALRAK Kampagne die ersten in situ Turbulenzmessungen<br />
in sehr hohen nördlichen Breiten (78 ◦ N) von<br />
der SVALRAK-Raketenbasis in Ny-˚Alesund/Spitzbergen aus<br />
durchgeführt. Dazu wurden drei instrumentierte Höhenforschungsraketen<br />
gestartet, die mit Instrumenten zur hochaufgelösten<br />
Messung der Neutralgasdichte, von Elektronen und<br />
positive Ionen, sowie von geladenen Partikeln bestückt war.<br />
Neben dem Primärziel der Charakterisierung mesosphärischer<br />
Turbulenz wurden damit zusätzlich Untersuchungen von PMSE<br />
vorgenommen, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden<br />
soll. Die drei Raketenstarts fanden am 1., 4. und 6. Juli<br />
statt. Alle drei Raketenflüge waren erfolgreich und lieferten<br />
Daten von allen beteiligten Instrumenten. Abbildung 17.1<br />
zeigt den CONE-Sensor des IAP (CONE=COmbined sensor<br />
for Neutrals and Electrons), ein Ionisationsmanometer<br />
zur hochaufgelösten Messung der Neutralgasdichte und ihrer<br />
Fluktuationen. Bei dieser Meßtechnik wird ausgenutzt,<br />
daß turbulente Bewegungen in der Atmosphäre zu Dichtefluktuationen<br />
führen, die mit einem extrem empfindlichen<br />
Gerät wie dem CONE-Sensor direkt gemessen werden können.<br />
Abbildung 17.2 zeigt ein Beispiel solcher Fluktuationen, die während des ersten Fluges<br />
am 1. Juli <strong>2003</strong> im Höhenbereich von 90±0,5 km Höhe<br />
gemessen wurden. Das zusätzlich in Abbildung 17.2<br />
dargestellte Leistungsdichtespektrum zeigt einen <strong>für</strong><br />
Turbulenz charakteristischen Verlauf: während die<br />
spektrale Leistungsdichte im Frequenzbereich von 0,5<br />
bis etwa 50 Hz (entsprechend räumlichen Skalen von<br />
ca. 1 km bis 30 m) etwa wie f −5/3 (f=Frequenz)<br />
abfällt, wird sie <strong>für</strong> noch größere Frequenzen (kleinere<br />
Längenskalen) plötzlich wesentlich effektiver vernichtet.<br />
Den ersten Frequenz- bzw. Skalenbereich nennt<br />
man auch den inertialen Unterbereich der Turbulenz.<br />
Hier dominieren die Trägheitskräfte des turbulenten<br />
Geschwindigkeitsfeldes, und die kinetische Energie<br />
wird in einer Kaskade von großen zu kleinen Skalen<br />
transportiert. Bei noch kleineren Skalen dominiert<br />
dann die molekulare Diffusion über die Trägheitskräfte<br />
und noch vorhandene Strukturen werden in<br />
diesem sogenannten viskosen Unterbereich vernichtet.<br />
Der Übergang vom inertialen in den viskosen Unterbereich<br />
ist im Spektrum als Knick deutlich, und die genaue<br />
Lokalisierung dieser Übergangsskala, in der Turbulenztheorie<br />
auch ” innere Skala“ genannt, erlaubt es,<br />
die Stärke der vermessenen Turbulenz, ausgedrückt<br />
durch die turbulente Energiedissipationsrate, zu quan-<br />
Abb. 17.2: Relative Fluktuationen der<br />
Neutralgasdichte (oberes Bild) aus einem<br />
Höhenbereich von 90±0,5 km und das dazugehörige<br />
Leistungsdichtespektrum (unteres<br />
Bild). Die rote Linie zeigt den Fit eines<br />
theoretischen Turbulenzmodells an das<br />
experimentell bestimmte Spektrum.<br />
tifizieren. Die innere Skala, und damit auch die Energiedissipationsrate, kann sehr genau durch<br />
den Fit eines theoretischen Turbulenzspektrums an das gemessene Spektrum bestimmt werden<br />
(siehe die rote Linie in Abb. 17.2).<br />
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