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Forschungsplan - Deutsches Archäologisches Institut

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i) Paläopathologische Untersuchungen an bronze- und eisenzeitlichen<br />

Skelettresten Zentralasiens<br />

Archäologische Skelettfunde sind die Basis der bioarchäologischpaläopathologischen<br />

Forschung, da sie biohistorische Urkunden repräsentieren.<br />

Sie informieren wie keine andere archäologische Materialgruppe<br />

über damalige Lebensbedingungen und Umweltfaktoren<br />

(z.B. Krankheiten, Ernährung, Wohn- und Arbeitsverhältnisse, klimatisch-geographische<br />

Gegebenheiten, sanitäre und hygienische Einrichtungen).<br />

In der Göttinger Arbeitsgruppe Paläopathologie unter Leitung von<br />

Prof. Dr. Dr. M. Schultz wurden im Laufe der letzten Jahre – mit denselben<br />

Methoden und Techniken – mehrere bronze- und eisenzeitliche<br />

Populationen in Zentral-, Süd- und Osteuropa, im Vorderen Orient<br />

sowie im eurasischen Steppengürtel (z.B. Ukraine, Kazachstan, Sibirien,<br />

Mongolei) vergleichend untersucht. Das Ziel dieser Untersuchungen<br />

besteht darin, in vergleichender Perspektive die Lebensweise<br />

(hauptsächliche physische Beanspruchung, Ernährung, Gesundheitsstatus)<br />

der Völker des eurasischen Steppengürtels im 2. und<br />

1. Jt. v. Chr. aufzuklären. Damit können biohistorische Urkunden als<br />

eine wesentliche Informationsquelle weitaus intensiver als bisher in<br />

die Forschungsdiskussion, z.B. um den Nachweis von bäuerlichsesshafter<br />

und nomadischer Wirtschaftsweise, einbezogen werden.<br />

Das würde ihrem Erkenntnispotential gerecht. Der Erkenntnisgewinn,<br />

der sich aus einem Abgleich von paläopathologischen mit ergologischen<br />

Studien ergeben könnte, ist ausgesprochen viel versprechend<br />

und für verschiedene Wissenschaftsdisziplinen höchst anregend. So<br />

würden Cluster 1 und 2 (1: Von der Sesshaftwerdung zur komplexen<br />

Gesellschaft: Siedlung, Wirtschaft, Umwelt; 2: Innovationen: technisch,<br />

sozial) davon profitieren.<br />

Dass es sich dabei um Grundlagenforschung handelt, macht auch ein<br />

weiterer methodischer Aspekt deutlich. Es werden nach einem neuen<br />

biochemischen Verfahren, das von T. H. Schmidt-Schultz in Göttingen<br />

entwickelt und international 2004 vorgestellt wurde, die extrazellulären<br />

Matrixproteine aus rezentem und archäologischen nativen<br />

Knochengewebe extrahiert, gelöst und identifiziert. Die extrazellulären<br />

Matrixproteine bestimmen den Knochenstoffwechsel maßgeblich.<br />

Ihr Nachweis gestattet interessante Rückschlüsse auf Stoffwechselprozesse,<br />

die zu Lebzeiten des Individuums abliefen. Somit lassen<br />

sich jetzt auch anhand biochemischer Diagnosen die Ursachen von<br />

Mangel- (z.B. Skorbut, Rachitis) und Infektionskrankheiten (z.B. Tuberkulose,<br />

Lepra, Syphilis und Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises)<br />

sowie von Tumorerkrankungen (z.B. Prostatakarzinom)<br />

noch sehr viel genauer nachweisen. Im Vergleich mit rezenten Knochenproben<br />

besteht die Möglichkeit, eine Entwicklung von Krankheiten<br />

über die Jahrhunderte oder gar Jt.e zu untersuchen.<br />

Wissenschaftliche Perspektiven<br />

� Das Ziel dieser Untersuchungen besteht darin, in vergleichender<br />

Perspektive die Lebensweise (hauptsächliche physische Beanspruchung,<br />

Ernährung, Gesundheitsstatus) der Völker des eurasischen<br />

Steppengürtels im 2. und 1. Jt. v. Chr. aufzuklären. Durch den<br />

Einsatz neuer biochemischer Verfahren für den Nachweis extrazellulärer<br />

Matrixproteine sind Rückschlüsse auf Stoffwechselprozesse<br />

(und dessen Störungen), die zu Lebzeiten des Individuums abliefen,<br />

zu erfassen und damit die Ursachen von Mangel- (z.B. Skor-<br />

<strong>Forschungsplan</strong><br />

Seite 340

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