Verhandlungen des Europäischen Parlaments - Europa
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DE<br />
<strong>Verhandlungen</strong> <strong>des</strong> <strong>Europäischen</strong> <strong>Parlaments</strong><br />
19-11-2008<br />
Worauf ist das geschilderte Phänomen in erster Linie zurückzuführen? Welche<br />
Auswirkungen hat es auf die EU? Verfügt die Kommission über statistische Daten über die<br />
Beschäftigung von Wissenschaftlern pro Mitgliedstaat?<br />
Janez Potočnik, Mitglied der Kommission. − Forscher sind das Herz der Schaffung,<br />
Übertragung und Nutzung von Wissen. Sie sind der Schlüssel für <strong>Europa</strong>, um die fünfte<br />
Freiheit – den freien Verkehr von Wissen – zu realisieren und damit eine wissensbasierten<br />
Wirtschaft zu gestalten.<br />
Die Anzahl von Arbeitskräften für die Forschung spiegelt sich am besten in der Zahl neuer<br />
Hochschulabsolventen wider. Der vom Bildungsrat im Jahr 2003 verabschiedete Fixpunkt,<br />
die Zahl der Absolventen in den Mitgliedstaaten um 15 % zu erhöhen und das<br />
Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern bis 2010 zu verringern, wurde erreicht.<br />
2006 gab es in der EU-27 in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und<br />
Technologie etwa 200 000 Absolventen mehr als im Jahr 2000.<br />
Natürlich gehen nicht alle Hochschulabsolventen in die Forschung. Für die Europäische<br />
Union besteht ein weiterer Faktor darin, dass der Markt für Forscher in der EU aufgrund<br />
<strong>des</strong> in <strong>Europa</strong> im Vergleich mit anderen Kontinenten geringeren Anteils von Investitionen<br />
in private Forschung verhältnismäßig kleiner ist als der unserer Mitbewerber.<br />
Außerdem gibt es einen starken Wettbewerb um die Gewinnung und Bindung der<br />
talentiertesten Forscher. Dies ist vor allem ein Wettbewerb zwischen der Forschung und<br />
anderen Wirtschaftssektoren. Es findet aber auch ein Wettbewerb zwischen den Ländern<br />
und Regionen der Welt statt – das betrifft vor allem die USA, aber zunehmend auch China<br />
und Indien.<br />
Die Europäische Union steht vor dem Problem, dass in <strong>Europa</strong> demnächst Generationen<br />
von Forschern in Rente gehen und keine Aussicht besteht, dass sie komplett ersetzt werden.<br />
Die Lage wird sich noch zuspitzen, wenn junge Menschen nicht für die Forschung gewonnen<br />
werden. Es geht darum, ob <strong>Europa</strong> langfristig ein erstklassiger Ort für Forschung und<br />
Entwicklung bleiben und sich in dieser Hinsicht weiterentwickeln kann.<br />
Tatsache ist, dass Forscher in <strong>Europa</strong> immer noch mit ernsten Hindernissen und fehlenden<br />
Möglichkeiten zu kämpfen haben. Wenn ich mit Forschern aus ganz <strong>Europa</strong> spreche, höre<br />
ich von unattraktiven Arbeitsbedingungen und Karriereaussichten, einem oftmals prekären<br />
Status und kurzfristigen Verträgen. Außerdem werden viele Forscher in ihrer Ausbildung<br />
nach wie vor nicht auf eine moderne Wissensgesellschaft vorbereitet. Forscher, die aus<br />
dem akademischen Umfeld in die Industrie und umgekehrt wechseln wollen, treffen auf<br />
enorme Hürden. Schließlich behindert die strukturelle Fragmentierung <strong>des</strong> europäischen<br />
Arbeitsmarktes für Forscher deren transnationale Mobilität innerhalb der <strong>Europäischen</strong><br />
Union. Gründe dafür sind vor allem das Fehlen einer offenen, leistungsbasierten<br />
Personalbeschaffung, kulturelle Faktoren sowie Probleme hochgradig mobiler Kräfte<br />
beispielsweise im Hinblick auf die Sozialversicherung, das Steuerwesen und die<br />
Übertragbarkeit zusätzlicher Rentenansprüche.<br />
Deshalb ist es höchste Zeit für <strong>Europa</strong>, seine Bemühungen zu intensivieren, um zu<br />
gewährleisten, dass in den kommenden Jahren genügend Forscher zur Verfügung stehen.<br />
Genau <strong>des</strong>halb hat die Kommission letztes Jahr im Mai eine europäische Partnerschaft für<br />
Forscher vorgeschlagen, eine Partnerschaft mit und zwischen den Mitgliedstaaten, die einen<br />
gezielten Rahmen für schnellen Fortschritt in ganz <strong>Europa</strong> in Schlüsselbereichen bietet<br />
und somit für bessere Karrieremöglichkeiten und mehr Mobilität sorgt.