Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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<strong>Appenzell</strong>er Textilindustrie<br />
Studierenden – hier naturwissenschaftlich-mathematisch<br />
orientierte, dort eher sozialwissenschaftlich-begrifflich<br />
interessierte Studierende. Beim Abgleich gesellte sich<br />
zum methodischen Problem ein menschliches. Zwei wissenschaftliche<br />
Kulturen prallten – teilweise heftig – aufein<strong>and</strong>er.<br />
Ebenfalls auf einer inhaltlichen und menschlichen<br />
Ebene überlagerte die Arbeit der CHASSISGRUPPE die<br />
Variantenbildung. Da diese Gruppe ihre Leitfäden nicht<br />
immer zu dem Tag liefern konnte, an dem sie gebraucht<br />
wurden, kamen, ihre als Unterstützung gedachten Interventionen,<br />
bei der Synthesegruppe TEXTILWIRTSCHAFT<br />
häufig als Verwirrung und Störung des Prozesses an. Mit<br />
der Professionalisierung und St<strong>and</strong>ardisierung der Fallstudie<br />
ist mittlerweile eine methodische Komplexität entst<strong>and</strong>en,<br />
welche die Studierenden teilweise in ihrer Kreativität<br />
bremst und sie überfordert. Diese Überforderung<br />
wirkte in der Gruppe selektiv. Die aktivsten und stärksten<br />
Studierenden übernahmen immer grössere Teile der Arbeit,<br />
wodurch ein Teil der Studierenden nicht mehr mitgezogen<br />
werden konnte. Um die methodische Komplexität<br />
zu bewältigen, reduzierten die Studierenden unbewusst<br />
die Komplexität des Falls. Sie orientierten sich an den<br />
hochkompetenten und führungs- und kommunikationserprobten<br />
Fachleuten aus der Textilindustrie. Kritische<br />
Stimmen von gewerkschaftlicher Seite, Gespräche mit<br />
Angestellten in den Betrieben und mit Umweltfachleuten<br />
kamen in der Folge zu kurz. Auf der <strong>and</strong>eren Seite entst<strong>and</strong><br />
eine hochkooperative Stimmung, welche auch das<br />
Eis zwischen den Betrieben brach. Es war spürbar, dass<br />
Betriebe, die seit Jahrzehnten in der Nachbarschaft tätig<br />
sind, wohl noch nie so intensiv mitein<strong>and</strong>er über die gemeinsame<br />
Zukunft gesprochen haben. Die Umgestaltung<br />
des letzten Begleitgruppentreffens in einen Zukunftsworkshop<br />
hat sich vor diesem Hintergrund bewährt. Die<br />
Fallstudie ist eine Veranstaltung, die verschiedene Risiken<br />
in sich birgt. Der Wille, in einem realen Feld zu<br />
kommunizieren und Prozesse anzustossen, kann Ablehnung<br />
produzieren oder falsche Erwartungen wecken. Mit<br />
dem abschliessenden Workshop konnte der angestossene<br />
Prozess auf eine gute Art zurück in die Verantwortung der<br />
lokalen Akteure gelegt werden.<br />
7 H<strong>and</strong>lungsansätze für die<br />
Zukunft<br />
In dem transdiziplinären Prozeß, bei dem ein intensives<br />
wechselseitiges Lernen zwischen Hochschule und Praxis<br />
stattf<strong>and</strong>, wurden Orientierungen und H<strong>and</strong>lungsansätze<br />
für die Zukunft der <strong>Appenzell</strong>er Textilbetriebe erarbeitet.<br />
Die vor dem Beginn der Fallstudie geführten Interviews<br />
mit den Firmenleitungen bildeten dafür eine erste Grundlage.<br />
Diese wurde durch Firmenbesuche und Erfahrungstage<br />
in den Unternehmen ausgebaut.<br />
Die Begleitgruppe (s. Kap. 2.1, Kasten 2.1) aus Unternehmern,<br />
Bankern sowie Vertretern des Textilverb<strong>and</strong>es<br />
Schweiz und des Kantons <strong>Appenzell</strong> Außerhoden bildete<br />
den formalen Rahmen für die Feedbacks der Akteure. Das<br />
erste Begleitgruppentreffen f<strong>and</strong> zu Beginn der Fallstudie<br />
statt. Hier wurden der Arbeitsansatz und die Einstiegshypothesen<br />
diskutiert. Beim zweiten Begleitgruppentreffen<br />
kurz vor dem Bewertungsparcours konnten Elemente der<br />
Varianten diskutiert und bereinigt werden. Beim dritten<br />
Begleitgruppentreffen, kurz vor dem Schluss der Fallstudie,<br />
werden üblicherweise die provisorischen Schlussresultate<br />
präsentiert, damit die Akteure die Ergebnisse und<br />
Folgerungen nicht erst nach Abschluss der Produktion des<br />
Fallstudienb<strong>and</strong>es erhalten. Die intensive und erfolgreiche<br />
Zusammenarbeit mit den Akteuren während der Fallstudie<br />
und die hohe Zustimmung zu den Varianten beim Bewertungsparcours<br />
führte dazu, dass die Synthesegruppe<br />
TEXTILWIRTSCHAFT eine verbindlichere und weiterführende<br />
Form für dieses dritte Begleitgruppentreffen suchte.<br />
Zwei Ziele st<strong>and</strong>en im Vordergrund: Den Akteuren sollte<br />
Raum für eine weitere Ausgestaltung der Varianten gegeben<br />
werden, und sie sollten Gelegenheit erhalten, eine<br />
Umsetzungsstrategie für einzelne Massnahmen zu entwickeln.<br />
Man kann diesen Workshop als eine Variante<br />
der Raum-Nutzungsverh<strong>and</strong>lung betrachten (s. Methodenkritik,<br />
Kap. 6).<br />
Abb. 7.1: Drittes Begleitgruppentreffen. Akteure der Textilwirtschaft<br />
skizzieren (gemeinsam mit Studierenden) erste<br />
Umsetzungsschritte der Fallstudien-Ergebnisse.<br />
100 UNS-Fallstudie 2002