Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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<strong>Appenzell</strong>er Textilindustrie<br />
Einkauf, Produktpalette und Vertrieb wie bisher unabhängig<br />
vonein<strong>and</strong>er. Die Überschaubarkeit der Betriebsabläufe<br />
bleibt dadurch gewahrt. Allerdings bleibt es bei der extremen<br />
Konkurrenzsituation um Lieferanten und Kunden,<br />
da unabhängige Betriebe sich gegenseitig bei den Kunden<br />
im Preis zu unterbieten versuchen und den von den Lieferanten<br />
geforderten Preisen wenig entgegensetzen können.<br />
Es besteht die Gefahr, dass in Zeiten schwacher Konjunktur<br />
der starke Konkurrenzdruck aus dem Ausl<strong>and</strong><br />
weitere Unternehmen in den Konkurs oder zur Betriebsschliessung<br />
führen wird. Die für sich agierenden Unternehmen<br />
können keine gemeinsamen Produktinnovationen<br />
anbieten und somit den Kundenkreis nicht erweitern. Die<br />
Beziehungen zu den Konsumenten bleiben diffus, da der<br />
einzelne Betrieb den Markt kaum beeinflussen kann. Der<br />
Anteil des Marketings am Umsatz wird gleich bleiben wie<br />
heute. Da es an Investitionskraft seitens der Betriebe<br />
mangelt, wird kein zusätzlicher Einsatz von Zertifikaten<br />
und Labels erwartet.<br />
Im Grossen und Ganzen widerspiegelt diese Variante<br />
aus der Sicht des Studienteams den momentanen Zust<strong>and</strong><br />
der textilen Industrie in <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong>.<br />
4.1.2 Variante: Volle Integration – eine Firma<br />
Die Betriebe im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong><br />
schliessen sich zu einer einzigen<br />
grossen Firma zusammen. Durch<br />
diese volle Integration der einzelnen<br />
Betriebe werden eine Steigerung<br />
der Effizienz und einer nachhaltigen<br />
Optimierung der Produktionsabläufe<br />
in allen Bereichen des<br />
neuen Unternehmens angestrebt.<br />
Zum Aufbau der neuen St<strong>and</strong>orte sind hohe Anfangsinvestitionen<br />
von mehr als 12% des Umsatzes der einzelnen<br />
Firmen notwendig. Die Investitionen für Umweltschutzmassnahmen<br />
im Rahmen dieser Variante werden verdoppelt.<br />
Mit einem anfänglich hohen Verschuldungsrisiko der<br />
einzelnen Betriebe ist zu rechnen.<br />
Die erhöhte Konkurrenzfähigkeit des voll integrierten<br />
Unternehmens kann bei den Banken zu einer grösserer<br />
Kreditwürdigkeit führen.<br />
Die grössere Unternehmensstruktur ermöglicht breitere<br />
Ausbildungsmöglichkeiten der Arbeitskräfte. Die volle<br />
Integration führt zu einem einschneidenden Strukturw<strong>and</strong>el,<br />
welcher anfänglich einen Verlust von Arbeitsplätzen<br />
und Autonomie mit sich bringt. Langfristig sollte die verbesserte<br />
Konkurrenzfähigkeit (Marktanteilgewinne, erhöhte<br />
Profitabilität, hoher Innovationsgrad) das Arbeitsplatzangebot<br />
positiv beeinflussen (mehr oder hochwertigere<br />
Arbeitsplätze). Es wird erwartet, dass neu bis zu 50%<br />
der Stellen hohe Anforderungen an die Arbeitnehmerschaft<br />
stellen.<br />
Die heute selbstständigen Unternehmer müssten sich in<br />
eine neue übergeordnete Betriebsstruktur einfügen und<br />
können künftig bestenfalls Management-Funktionen ausüben.<br />
Zwar werden die mehrheitlich in den Betrieben<br />
geltenden familiären Betriebsstrukturen beibehalten, die<br />
Struktur des integrierten Betriebes ist jedoch stark hierarchischer<br />
Natur mit bis zu 14 Strukturebenen.<br />
Durch die höhere Komplexität des neuen Unternehmens<br />
nimmt der Aufw<strong>and</strong> für betriebsinterne Kommunikation,<br />
Koordination und Verwaltung zu, dürfte jedoch durch effizientere<br />
Produktion und optimalere Vermarktung mehr<br />
als kompensiert werden.<br />
Die volle Integration der Produktionsschritte ermöglicht<br />
die Erarbeitung und Überprüfung von einheitlichen Umweltkonzepten<br />
und -visionen, die in den Bereichen Schadstoffausstoss,<br />
Energieverbrauch, Recycling und Wassermanagement<br />
über Schadensbehebung hinausgehen und zu<br />
wesentlichen Kosteneinsparungen führen werden.<br />
Durch die vollständige Vertikalisierung der Produktion<br />
können viele Synergien genutzt werden. Das Know-how<br />
der einzelnen Produktionsbereiche der textilen Kette<br />
bleibt durch die Integration der bestehenden Betriebe erhalten<br />
und kann, wie die Vorzüge einer Teamarbeit, durch<br />
das Zusammenlegen verschiedener betrieblicher Vorteile<br />
zusätzlich ausgebaut werden.<br />
Notwendiges Know-how ist auf dem Markt durch gestärktes<br />
gemeinsames Auftreten der Betriebe einfacher<br />
einzukaufen.<br />
Da die Verb<strong>and</strong>saktivität der Betriebe nicht von ihrer<br />
Zusammenarbeit mit <strong>and</strong>eren Betrieben abhängt, bietet<br />
diese Variante keine, aus der Situation zwingend folgende<br />
Aussage über die veränderte Verb<strong>and</strong>saktivität.<br />
Das Produzentennetzwerk wird durch die voll integrierte<br />
Produktion in ein einziges vollständig vertikalisiertes<br />
Unternehmen mit wenigen St<strong>and</strong>orten massiv gestärkt.<br />
An den heutigen St<strong>and</strong>orten der integrierten Betriebe<br />
wird in Zukunft nicht mehr produziert. Das neue Unternehmen<br />
führt alle Produktionsschritte, die zur Herstellung<br />
eines Textils notwendig sind, an neu bestimmten St<strong>and</strong>orten<br />
aus.<br />
Durch gestärktes Auftreten der vereinten Betriebe kann<br />
die Abhängigkeit zu Lieferanten und Kunden zwar nicht<br />
verringert werden, die Struktur wird sich jedoch hin zu<br />
mehr Stammlieferern und -kunden entwickeln. So wird<br />
eine Reduktion von 33% der Nicht-Stammlieferern und -<br />
kunden erwartet. Dank integriertem Know-how dürfte die<br />
Produktpalette stärker am Markt orientiert werden können.<br />
So kann auch einfacher und flexibler auf die Anforderungen<br />
des Marktes reagiert werden. Ein neuer, einheitlicher<br />
Marktauftritt kann definiert und umgesetzt werden.<br />
Die Kundenfokussierung kann professionalisiert<br />
werden; adäquate Produkte und Dienstleistungen führen<br />
86 UNS-Fallstudie 2002