Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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Milchwirtschaft im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong><br />
entstehen soziale Netze, Austausch, Bestätigung. Im Fall<br />
der kleinen und mittelgrossen Milchverarbeitungsbetriebe<br />
ist zudem für alle Beteiligten der Kontakt zu den Produzenten<br />
wichtig. Er fördert die Identifikation mit dem Beruf<br />
und der Region und den Zusammenhalt zwischen den<br />
Einzelnen.<br />
Auf zwei wichtige Funktionen der Milchverarbeitungsbetriebe<br />
wird genauer eingegangen: Arbeitgeber und Traditionsbetrieb.<br />
Gemäss Betriebszählung 1995 des Bundesamtes<br />
für Statistik arbeiten 50% der Beschäftigten im<br />
Kanton <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong> in Kleinbetrieben mit<br />
weniger als 20 Angestellten (Volkswirtschaftsdirektion<br />
des Kantons <strong>Appenzell</strong> A. Rh., 1999). In diese Kategorie<br />
gehören sämtliche Milchverarbeitungsbetriebe im Kanton.<br />
Zum Zeitpunkt der Studie beschäftigten diese rund 40<br />
Vollzeitangestellte (pers. Mitteilungen der Betriebsinhaber).<br />
Für diese Personen wäre es sehr schwierig, eine neue<br />
Stelle in der Branche zu finden.<br />
Im Entwicklungskonzept der Region <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong><br />
ist zu lesen: «Trotz grosser Unterschiede zwischen<br />
verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Gemeinden und<br />
Bezirken gibt es ein Bewusstsein für das, was wir <strong>Appenzell</strong>isch<br />
nennen. Es ist ein Gefühl der Zusammengehörigkeit,<br />
ein Wir-Bewusstsein, ein Heimatgefühl.» (Volkswirtschaftsdirektion<br />
des Kantons <strong>Appenzell</strong> A. Rh., 1999,<br />
S. 20). Zu diesem <strong>Appenzell</strong>ischen gehören auch die<br />
Milch verarbeitenden Betriebe in der Region. Als Milchkäufer<br />
pflegen sie Kontakte zu den Produzenten. Diese<br />
persönlichen Beziehungen werden von vielen sehr geschätzt,<br />
davon konnte man sich bei Besuchen immer wieder<br />
überzeugen. Eine Käserei hat daneben noch die wichtige<br />
Aufgabe, ein regionales Traditionsprodukt herzustellen.<br />
Der <strong>Appenzell</strong>er Käse und auch verschiedene Spezialitäten<br />
sind ein Stück Identität. In etwas geringerem<br />
Ausmass gilt das auch für gewisse Molkereiprodukte.<br />
3.4 Systemmodell – Schritte der<br />
formativen Szenarioanalyse<br />
In diesem Abschnitt sollen nun die bisher dargestellten Informationen<br />
und Daten und die daraus ableitbaren Erkenntnisse<br />
zu einem Modell des Systems Milchverarbeitung<br />
im Kanton <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong> verdichtet werden.<br />
Kern der nachfolgend dargestellten formativen<br />
Schritte des Szenarioanalyse-Prozesses ist das Finden von<br />
Beschreibungselementen, mit denen das System in einer<br />
adäquaten Breite und Tiefe erfasst wird. Anh<strong>and</strong> geeigneter<br />
Ausprägungen, also Zustände, welche die Beschreibungselemente<br />
annehmen können und die mitein<strong>and</strong>er<br />
kombiniert werden, lassen sich abschliessend Varianten<br />
(Zukunftszustände des Systems) und Szenarien (Rahmenbedingungen<br />
des Systems) entwickeln.<br />
3.4.1 Zielformulierung/Systemgrenzen<br />
Bevor wir uns der eigentlichen inhaltlichen Arbeit zuwenden,<br />
wollen wir uns Klarheit über das eigentliche Ziel<br />
des Szenarioprozesses verschaffen. Ausgehend von der<br />
einleitend festgehaltenen Leitfrage – Was muss gegeben<br />
sein oder getan werden, damit die Milchwirtschaft in der<br />
Region <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong> – insbesondere der Milch<br />
verarbeitende Zweig (Molkereien und Käsereien) – langfristig<br />
nachhaltig betrieben werden kann? – können wir<br />
folgendes Ziel formulieren: Es sollen Zukunftszustände<br />
beschrieben werden, die von den Akteuren des Systems<br />
aus eigenen Kräften herbeigeführt werden können. Wie<br />
auf jedes <strong>and</strong>ere, wirken auch auf unser System äussere<br />
Kräfte, die unter Umständen gewisse Veränderungen innerhalb<br />
des Systems gar nicht zulassen. Es gilt also<br />
gleichzeitig geeignete Rahmenbedingungen (Szenarien)<br />
zu skizzieren, welche diese äusseren Kräfte und deren<br />
Wirkung auf das System abbilden.<br />
Als weitere wichtige Voraussetzung für den weiteren<br />
Szenarioprozess müssen die Systemgrenzen definiert sein.<br />
Wir beziehen uns wiederum auf die Leitfrage und können<br />
drei Ebenen der Systemabgrenzung formulieren:<br />
• Inhaltlich umfasst unser System den Milchverarbeitungszweig,<br />
also Käsereien/Molkereien,<br />
• räumlich definieren wir den Kanton <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong><br />
und<br />
• zeitlich gehen wir von 20 Jahren aus, also 2020.<br />
Wir skizzieren also denkbare mittel- bis langfristige<br />
Perspektiven für den Ausserrhoder Milchverarbeitungszweig.<br />
3.4.2 Stärken-Schwächen-Analyse (SWOT)<br />
Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über Stärken<br />
und Schwächen des untersuchten Systems und erlaubt,<br />
erste Einsichten in die <strong>Appenzell</strong>er Milchverarbeitung zu<br />
gewinnen und wichtige Systemelemente zu identifizieren.<br />
Wichtig ist dabei, nicht nur den Blick nach innen zu richten,<br />
also nur das <strong>Appenzell</strong>er Milchwirtschaftssystem zu<br />
betrachten, sondern künftige Chancen, die ausserhalb unseres<br />
Systems liegen, zu erkennen und auch denkbare (äussere)<br />
Risiken wahrzunehmen.<br />
Die SWOT-Analyse (Strengths-Weaknesses-Options-<br />
Threats) wurde während der ersten Phase der Fallstudie<br />
erstellt und enthält somit nicht zwingend Erkenntnisse,<br />
welche im weiteren Verlauf der Studienarbeit weiterverwendet<br />
werden konnten.<br />
Als wichtige Stärken wurden die Tradition und die regionale<br />
Verbundenheit erkannt (s. Tab. 3.3). Das <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong><br />
kann auf eine lange, traditionsreiche Geschichte<br />
zurückblicken. Schon früh waren Unabhängigkeitssinn<br />
und Eigenständigkeit Eigenschaften, die den<br />
Bewohnern dieser Gegend nachgesagt wurden (Schläpfer,<br />
196 UNS-Fallstudie 2002