Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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Welche Chancen haben Traditionsbranchen in der ländlich geprägten Agglomeration?<br />
unterschiedliche Ausprägungen definiert. Durch eine vollständige<br />
Kombination von Ausprägungen aller Einflussfaktoren<br />
wurden dann Varianten gebildet, wobei nur konsistente<br />
Kombinationen ausgesucht worden sind (Scholz<br />
& Tietje, 2002). Es erfolgte wiederum eine Abstimmung<br />
dieses formativen Verfahrens mit intuitiv herausgearbeiteten<br />
Zukunftszuständen. Die Varianten werden hier nur<br />
kurz skizziert. Für weitere Details verweisen wir auf das<br />
entsprechende Kapitel im vorliegenden B<strong>and</strong><br />
(Wöhrnschimmel et al., 2003):<br />
• Weiter wie bisher<br />
Es werden keine Massnahmen getroffen, um dem aktuellen<br />
Strukturw<strong>and</strong>el in der Holzverarbeitungsbranche<br />
entgegenzuwirken. Dies hat zur Folge, dass langfristig<br />
nur eine bis zwei Sägereien pro Region überleben können.<br />
Die gemischten Betriebe müssen sich aufgrund<br />
von starker Konkurrenz auf ihr jeweiliges Kerngeschäft<br />
konzentrieren.<br />
• Aktives Marketing<br />
Eine zentrale Vermarktungsstelle übernimmt das Marketing<br />
für die weiterhin bestehenden Sägereibetriebe.<br />
Sie gewährleistet eine Verbesserung der Nachfrage<br />
nach Holzprodukten und somit der finanziellen Situation<br />
der Branche. Die Vermarktungsstelle wird von allen<br />
Nutzniessern gemeinsam finanziert. Neben Holzprodukten<br />
wird auch die touristische Attraktivität der regionalen<br />
Sägereien vermarktet, und es entsteht ein eigenes<br />
Label <strong>Appenzell</strong>er Holz.<br />
• Grossbetrieb<br />
Im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong> entsteht ein Grossbetrieb, welcher<br />
die heutigen Kleinbetriebe verdrängt. Er verarbeitet<br />
sein Holz industriell und agiert vor allem national und<br />
international. Dieser Grossbetrieb verarbeitet mindestens<br />
die doppelte Menge an Rundholz, welche bisher<br />
gesamthaft im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong> jährlich eingeschnitten<br />
wurde und ist damit immer noch um Grössenordnungen<br />
kleiner als die aktuell geplante Grosssägerei in<br />
Luterbach mit 1 Mio. m 3 (Gerber, 2003).<br />
• Spezielle Holzprodukte<br />
Die heutigen Betriebe konzentrieren sich auf Spezialund<br />
Nischenprodukte, wobei das Schwergewicht auf<br />
Exklusivität und Qualität liegt. Als Spezialprodukte<br />
gelten auch Wärme- und Prozessenergie, die von den<br />
Sägereien in einen lokalen Wärmeverbund eingespeist<br />
werden. Es existieren weniger Betriebe, dafür ist ihre<br />
Existenz gesichert.<br />
• Holzring<br />
Im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong> entstehen innerhalb der Holzkette<br />
drei regionale Logistikzentren. Das Schwergewicht der<br />
Kooperationen liegt auf der Effizienzsteigerung der<br />
Abläufe innerhalb der Holzkette. Gleichzeitig treten<br />
die Sägereien als Heizzentrale für den lokalen Wärmeverbund<br />
auf.<br />
Zur Bewertung wurden jeweils drei Faktoren aus den<br />
Nachhaltigkeits-Dimensionen ausgewählt: Wertschöpfung,<br />
Marktanteil von Holzprodukten im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong>,<br />
Arbeitsplätze, Energiebilanz, Transport, Regionaler<br />
Holzanteil, Politische Verankerung, Ausbildungsangebot,<br />
Akzeptanz. Details zur Messung finden sich im erwähnten<br />
Kapitel des vorliegenden B<strong>and</strong>es (Wöhrnschimmel et al.,<br />
2003).<br />
Tab. 3.2 präsentiert die Ergebnisse der MAUT I und<br />
MAUT II sowie die intuitive Bewertung der Varianten.<br />
Die Bewertungen zeigen eindeutig und durchgängig, dass<br />
die beiden Varianten Weiter wie bisher und ein Grossbetrieb<br />
von allen beteiligten Akteurgruppen als nicht erwünschenswert<br />
beurteilt werden (Anova: p = 0.000, N = 26).<br />
Bei den <strong>and</strong>eren Varianten gibt es keine statistisch belegbaren<br />
Unterschiede. Dies deutet darauf hin, dass die angestrebte<br />
Variante eine Kombination der Varianten Aktives<br />
Marketing, Spezielle Holzprodukte, Holzring darstellt.<br />
Dies wurde auch durch Gespräche im Nachgang des Bewertungsparcours’<br />
bestätigt.<br />
Aussagen zur Zukunftsfähigkeit der Sägereibranche<br />
• Die Unmöglichkeit eines «Weiter wie bisher» wird von<br />
allen Akteurgruppen gesehen. Die Gründung einer<br />
Grosssägerei wird als unerwünscht betrachtet, und es<br />
ist davon auszugehen, dass diese weder von der Bevölkerung<br />
noch von den zuliefernden Waldbetrieben unterstützt<br />
würde. Hinter diesem Urteil mag sich auch die<br />
Diskussion um die Ansiedlung des hochmodernen 1<br />
Million Kubikmeter Holz verarbeitenden Sägereibetriebs<br />
im solothurnischen Luterbach verbergen<br />
(Gerber, 2003). Auf jeden Fall wäre eine wie in der<br />
vorliegenden Variante Grosssägerei beschriebene Sägerei<br />
mit ca. 36'000 m 3 immer noch als kleiner regionaler<br />
Knoten in einer durch Grosssägereien geprägten<br />
L<strong>and</strong>schaft zu bezeichnen. Eine betriebswirtschaftliche<br />
Rechnung dürfte hier nur unter sehr günstigen Bedingungen,<br />
hoher dauerhafter Auslastung und regionalen<br />
Abnahmeverträgen zu schwarzen Zahlen führen. Aus<br />
distanzierter Perspektiven realistischer erscheint hier in<br />
der Tat eine Ostschweizer Grossägerei in der Grössenordnung<br />
von 150'000 m 3 .<br />
• Die Vision der Aufrechterhaltung des im ländlichen<br />
Raum arbeitenden Kleingewerbes und mittleren Gewerbes<br />
besteht in einer Kombination aus Holzring mit<br />
aktivem Marketing und Produktion von speziellen<br />
Holzprodukten. Gefordert sind gemeinsame Unternehmungen,<br />
wie der Holzring oder die <strong>Appenzell</strong>ische<br />
Holzkette in der in bestimmten Segmenten alle das<br />
Gleiche zu gleichem Preis anbieten.<br />
• Zur Aufrechterhaltung der regionalen Sägereibetriebe<br />
mit nachgeschalteter Weiterverarbeitung sind innovative<br />
und auf dem Markt sichtbare, mit <strong>Appenzell</strong>er Herkunft<br />
versehene Produkte notwendig. Ein Beispiel wä-<br />
30 UNS-Fallstudie 2002