Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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Welche Chancen haben Traditionsbranchen in der ländlich geprägten Agglomeration?<br />
nen (Schmithüsen & Kazemi, 1995; Wild-Eck, 2001),<br />
insbesondere den Schutz und die Förderung der L<strong>and</strong>schaft.<br />
Ähnliches gilt für die L<strong>and</strong>wirtschaft, wobei hier<br />
die Wahrung der Kulturl<strong>and</strong>schaft die wesentliche Komponente<br />
für die Direktzahlungen und damit den flächendeckenden<br />
Fortbest<strong>and</strong> dieses Wirtschaftsbereichs darstellt.<br />
Ob im Falle der L<strong>and</strong>- und Waldwirtschaft die nachgelagerten<br />
Transformationsstufen Milchverarbeitung und<br />
Sägerei bzw. Schreinerei/Zimmerei weiterhin einen Platz<br />
im Kanton <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong> haben werden, liegt<br />
insbesondere an folgenden Fähigkeiten:<br />
• Profilierung mittels besonderer Produkte, um mit Qualität,<br />
Originalität und Regionallabel im Hochpreissegment<br />
verbleiben zu können,<br />
• der technologischen Innovation, um effizient immer<br />
wieder neue Produkte herstellen zu können und<br />
• der verstärkten Kooperation, um den Transformationsprozess<br />
und die Anforderungen der nationalen und internationalen<br />
Vermarktung erfolgreich angehen zu<br />
können.<br />
Wie eine detaillierte Analyse der regionalen Wirtschaft<br />
zeigte, spielen neben den von uns untersuchten Traditionsbranchen<br />
das Gesundheits- und Sozialwesen sowie die<br />
Elektrotechnik, welche sich aus der Zulieferwirtschaft der<br />
Textilindustrie entwickelte, eine wichtige Rolle (Eisenhut<br />
& Schönholzer, 2003). Der Dienstleistungssektor zeigte<br />
sich in dieser Studie insgesamt aber als Sorgenkind (S.<br />
79). Auch <strong>and</strong>ere neue Wirtschaftszweige im Bereich der<br />
High-Tech sind verlockend, halten aber nicht immer was<br />
sie versprechen (vgl. das Beispiel Huber+Suhner: Griesser,<br />
2003).<br />
Wir gehen insgesamt davon aus, dass in einer globalisierten<br />
Wirtschaft regionale Bezüge zunehmende Bedeutung<br />
bekommen werden (Internationale Bodenseekonferenz,<br />
2003). Vor dem Hintergrund des aktuell zu beobachtenden<br />
Verkehrskollapses und dem zunehmenden Ressourcenverschleiss,<br />
steht zu vermuten, dass sich mittelfristig<br />
die Kostenwahrheit im Verkehr durchsetzen wird und<br />
damit kürzere Wege wieder ein wichtiger St<strong>and</strong>ortvorteil<br />
werden. Die St<strong>and</strong>ortfaktoren in <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong><br />
und der Schweiz allgemein sind aus unserer Sicht auch<br />
bedeutend besser als oft der Eindruck vermittelt wird. Es<br />
sei hier nur auf den guten Ausbildungsst<strong>and</strong>, das flexible<br />
Arbeitsrecht, die stabile politische Situation und nicht<br />
zuletzt weiche Faktoren wie die allgemein gute Lebensqualität<br />
hingewiesen. Letztere spielen bei St<strong>and</strong>ortentscheidungen<br />
insbesondere auch für Kadermitglieder eine<br />
wichtige Rolle.<br />
Für den Kanton stellen sich vor diesem Hintergrund<br />
unterschiedliche Aufgaben. Für den Erhalt bzw. die Ansiedlung<br />
neuer Betriebe muss er sicherlich die notwendigen<br />
Rahmenbedingungen schaffen, den direkten Kontakt<br />
mit den Betrieben pflegen und grosse Flexibilität zeigen,<br />
um gezielt auf bestehende Wünsche, etwa bei Neubauten<br />
von Produktionshallen, reagieren zu können. Der Kanton<br />
könnte bei der Entwicklung der Produktionsst<strong>and</strong>orte unterstützend<br />
mithelfen, indem alte Industrieareale neu genutzt,<br />
als Erbe der industriellen Vergangenheit erhalten<br />
bleiben und neue effizientere Produktionsflächen mit verbessertem<br />
Ressourcenmanagement betriebsübergreifend<br />
an sinnvollen Orten, l<strong>and</strong>schaftsverträglich geschaffen<br />
werden.<br />
Aus unserer Sicht sollte den traditionellen Stärken des<br />
Kantons genügend Beachtung geschenkt werden. Das<br />
Beispiel Textilindustrie mag als Illustration dienen. Die<br />
Traditionsbranche wird hier erfolgreich verknüpft mit innovativen<br />
am Weltmarkt ausgerichteten Produkten, ohne<br />
dass sie den lokalen Bezug verloren hat, sondern diesen<br />
sogar weiter betont. Weitere Beispiele könnten folgen.<br />
Daneben wird der Kanton zur Sicherung des Steuersubstrats<br />
einen gewissen Einwohnerzuwachs anstreben müssen,<br />
wobei hier wohl insbesondere die in der Agglomeration<br />
St. Gallen gelegenen Gemeinden eine Möglichkeit<br />
bieten. Tendenziell sehen wir ein zunehmendes Zusammenwachsen<br />
der Grossagglomeration Zürich-St.Gallen-<br />
Rheintalstadt (Scholz & Stauffacher, 2002, S. 24), worin<br />
die Ränder des Kanton <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong> als gut<br />
gelegene und hohe Wohnqualität bietende Region bestens<br />
platziert wären. Es besteht dabei natürlich die Gefahr einer<br />
zunehmenden Zersiedelung, der durch Verdichtung<br />
und Strukturierung des Raumes gezielt entgegen gewirkt<br />
werden muss. Weiter muss sicher auch auf das dadurch<br />
erhöhte Verkehrsaufkommen mit gezieltem Ausbau des<br />
öffentlichen Verkehrs reagiert werden. Mit dem zusätzlichen<br />
Ausbau der Infrastruktur für den motorisierten Individualverkehr<br />
ist zu erwarten, dass der Agglomerationsdruck<br />
auch die im Abseits gelegenen Gemeinden erreichen<br />
wird, mit all den damit verbundenen Gefahren für<br />
die L<strong>and</strong>schaft. Der Kanton <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong><br />
steht hier vor einer Herausforderung, die sich an der<br />
Schnittstelle von Agglomeration und ländlichem Raum in<br />
vielen <strong>and</strong>eren Regionen auch stellt, aber aktuell noch<br />
viel zu wenig verst<strong>and</strong>en und beachtet wird (Rüegg &<br />
Deschenaux, 2003).<br />
In den abgelegeneren Gebieten bietet sich der Tourismus<br />
als Chance. Dieser muss aber in enger Zusammenarbeit<br />
mit lokalem Gewerbe, der L<strong>and</strong>- und Holzwirtschaft<br />
sowie der Milchverarbeitung vorangetrieben werden. Es<br />
kann hier das Kapital «L<strong>and</strong>schaft» gezielt genutzt werden,<br />
wobei dessen Erhalt und Förderung natürlich eine<br />
Grundbedingung für den langfristigen Erfolg darstellt.<br />
4.3 Ist Umwelt eine Bedrohung oder ein<br />
Wirtschaftsfaktor?<br />
Die bisher präsentierten Befunde haben immer wieder<br />
Umweltbezüge aufscheinen lassen, ohne dass diese im<br />
UNS-Fallstudie 2002 39