Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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<strong>Appenzell</strong>er Textilindustrie<br />
Abb. 1.2: Moderner <strong>Appenzell</strong>er Produktionsbetrieb.<br />
herstellte. Die Investitionen für den Aufbau dieser industriellen<br />
Infrastruktur waren gewaltig. Ein modernes Bankensystem<br />
entst<strong>and</strong> (Graig, 1988).<br />
Während dem neunzehnten Jahrhundert lebte die Heimarbeit<br />
in Nischenmärkten fort. Sie erschloss neue Tätigkeitsfelder,<br />
führte besonders anspruchsvolle Arbeitsschritte<br />
aus und kompensierte so die Verluste, die sie im<br />
Massenmarkt durch die Maschinen erlitt. Erst zu Beginn<br />
des zwanzigsten Jahrhunderts war der Kampf endgültig<br />
verloren: die Maschine und mit ihr die Fabrik und die Arbeiter<br />
hatten sich fast vollständig durchgesetzt.<br />
1.1.5 Höhepunkt und Niedergang<br />
Um 1910 erreichte die Textilindustrie in der Schweiz ihren<br />
Höhepunkt. Im Kanton <strong>Appenzell</strong> <strong>Ausserrhoden</strong><br />
spielte sie eine herausragende Rolle. Hier arbeiteten über<br />
fünfzig Prozent der Beschäftigten in der Textilindustrie,<br />
fünfmal mehr als im schweizerischen Durchschnitt.<br />
Schweizerische Stickwaren waren für kurze Zeit das<br />
wichtigste Exportgut. In dieser Zeit lebten im Kanton <strong>Appenzell</strong><br />
<strong>Ausserrhoden</strong> mehr Menschen als heute<br />
(Schläpfer, 1984).<br />
Einen ersten drastischen Einschnitt brachten der Erste<br />
Weltkrieg und die nachfolgenden wirtschaftlichen Krisenjahre<br />
mit sich. Die Märkte vor allem für Luxusgüter<br />
brachen ein. Um die lange Depression zu bekämpfen,<br />
schotteten sich die Nationen gegen Ende der Zwanziger<br />
Jahre zusätzlich mit Schutzzöllen ab. Dies war für die exportorientierte<br />
schweizerische Textilindustrie eine<br />
schwerwiegende Situation, und sie offenbarte die zunehmende<br />
Diskrepanz zwischen Steigerung der maschinellen<br />
Produktivität durch laufende Neuentwicklungen und latent<br />
gesättigten Märkten. Diese Entwicklung, die bis<br />
heute <strong>and</strong>auert, zeigt sich anh<strong>and</strong> sinkender Beschäftigtenzahlen.<br />
1950 beschäftigte die Ausserrhoder Textilindustrie<br />
bereits nur noch rund 20% der Bevölkerung (s. Abb.<br />
1.3) und heute (1998) beträgt dieser Anteil kaum 7%.<br />
Abb. 1.3: Erwerbstätige<br />
in<br />
der Textilindustrie<br />
nach Kantonen<br />
um 1888<br />
(oben links),<br />
1910 (oben<br />
rechts), 1930<br />
(unten links) und<br />
1950 (unten<br />
rechts) (Quelle:<br />
Bundesamt für<br />
Statistik, 1999a).<br />
UNS-Fallstudie 2002 49