Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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Holzwirtschaft im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong><br />
Statistische Signifikanz<br />
Ein weiteres Problem der Daten ist ihre beschränkte Aussagekraft.<br />
Zwar kann die ökonomische Beschreibung der<br />
zehn Sägereiunternehmer als repräsentativ für das <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong><br />
angesehen werden, jedoch reicht diese geringe<br />
Anzahl nicht aus, um innerhalb der Unternehmen Gruppeneffekte<br />
statistisch signifikant zu begründen. So wird<br />
die intuitive Vermutung nach Unterschieden in der Bruttowertschöpfung<br />
in Abhängigkeit des Betriebstyps von<br />
den Daten bestätigt, jedoch können Zufallseffekte nicht<br />
ausgeschlossen werden, welche den Zusammenhang nur<br />
suggerieren.<br />
Ähnlich ist der Fall bei der Auswertung der Bewertungsveranstaltung<br />
(MAUT II). Die Durchführung der<br />
Bewertung war mit einem grossen Aufw<strong>and</strong> verbunden,<br />
und es konnten im Ganzen nur 26 komplette Datensätze<br />
gewonnen werden. Die bei einer Aufteilung resultierende<br />
Gruppengrösse von fünf bis sechs Personen ist für erste<br />
Aussagen hilfreich, jedoch für eine statistisch signifikante<br />
Aussage nicht immer ausreichend.<br />
Ein <strong>and</strong>erer Widerspruch zwischen formativem und<br />
nicht-formativem Vorgehen entst<strong>and</strong> bei der Robustheitsanalyse.<br />
Während bei der intuitiven Bewertung erwartungsgemäss<br />
keine guten Aussichten für die Sägereibranche<br />
im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong> bestehen, sofern die Konjunkturlage<br />
schlecht und die Nachfrage nach Holzprodukten tief<br />
ist (Szenario Rezession), scheinen in der formativen<br />
Analyse alle Varianten erreichbar. Dies mag darauf zurückgeführt<br />
werden, dass die relative Wichtigkeit von<br />
externen Einflüssen zwar korrekt dargestellt, jedoch ihre<br />
absolute Stärke unterschätzt wurde. Auch hier kam ein<br />
Diskussionsverfahren zum Erstellen der Einflussmatrizen<br />
zum Einsatz.<br />
Zudem werden auch in intuitiven Verfahren vielfach<br />
wichtige Aspekte übersehen. In solchen Fällen hilft die<br />
formative Vorgehensweise, welche in der Regel eine<br />
analytische Zerlegung in Einzelkomponenten enthält,<br />
auch als zunächst unwesentlich erachtete Faktoren zu berücksichtigen.<br />
In der vorliegenden Fallstudie haben sich<br />
formative und nicht-formative Methoden trotz aller<br />
Schwierigkeiten gut ergänzt.<br />
Formative vs. nicht-formative Methoden<br />
Oft wurden formative (wissenschaftlich analytische) und<br />
nicht-formative (intuitive) Methoden kombiniert, um an<br />
eine Fragestellung durch zwei sehr unterschiedliche Verfahren<br />
heranzugehen. Falls beide Methoden zu ähnlichen<br />
Resultaten führten, konnten die Ergebnisse als fundiert<br />
betrachtet werden. Widersprachen sich jedoch die Ergebnisse,<br />
bedeutete das, dass mindestens eine der Methoden<br />
Schwachstellen enthielt.<br />
Zum Beispiel resultierten bei der formativen Konsistenzanalyse<br />
nur zwei konsistente Varianten. Dies widerspricht<br />
der Vielzahl von konsistenten Varianten, die auf<br />
intuitive Weise formuliert werden können. Das formative<br />
Modell musste im Nachhinein angepasst werden, bis<br />
schliesslich ein geeignetes Set von konsistenten Varianten<br />
entst<strong>and</strong>. Für das Aufstellen der Konsistenzmatrix wurde<br />
ein Diskussionsverfahren angewendet, in welchem drei<br />
bis vier Studierende das gemeinsame Auftreten der Ausprägungen<br />
von je zwei isolierten Einflussfaktoren beurteilt<br />
haben. Mangelnde Kenntnis über indirekte Effekte,<br />
Synergiewirkungen sowie der Burn-out Effekt 12 beim<br />
Ausfüllen der Matrix können dazu geführt haben, dass das<br />
Modell die Realität nicht mehr befriedigend abbilden<br />
konnte. Generell können unpassende formative Modelle<br />
dadurch entstehen, dass Einzelkomponenten des Systems<br />
analysiert und schliesslich additiv zusammengefügt werden,<br />
ohne dass synergetische Effekte mit eingeschlossen<br />
werden.<br />
Parallele Vorgehensweise<br />
Während der Fallstudienarbeit wurde das Fallstudienteam<br />
in der Regel aufgeteilt, wobei die entstehenden Kleingruppen<br />
verschiedene Themen parallel bearbeiteten. Zum<br />
Beispiel wurden Varianten und Kriterien zeitgleich erarbeitet.<br />
Dies hatte einerseits den Vorteil, dass ein effizientes<br />
Fortschreiten möglich war. Andererseits war aber die<br />
Kriterien-Gruppe auf Resultate angewiesen, welche die<br />
Varianten-Gruppe erst noch zu erarbeiten hatte. Das Dilemma<br />
aus effizientem Vorgehen und logischer Arbeitsabfolge<br />
konnte nicht zur Zufriedenheit gelöst werden.<br />
Systematische Fehler<br />
Schliesslich können grobe systematische Fehler nicht generell<br />
ausgeschlossen werden. Zwar findet sich kein Hinweis<br />
darauf bei der Betrachtung der in den Kapiteln 3 bis<br />
5 beschriebenen Resultate. Ein interessanter Effekt wird<br />
jedoch deutlich, wenn man diese mit den Ergebnissen der<br />
parallel im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong> durchgeführten Fallstudien<br />
über die Milch- und Textilwirtschaft vergleicht:<br />
In allen drei Teilbereichen wurde von den Fallakteuren<br />
eine kooperative Variante in der Bewertungsveranstaltung<br />
als besonders wünschenswert eingestuft. Dies kann nun<br />
daran liegen, dass tatsächlich die Lösung der wirtschaftlichen<br />
und strukturellen Probleme in der Zusammenarbeit<br />
gesehen wird. Es kann aber ebenso wenig ausgeschlossen<br />
werden, dass es sich um einen systematischen Effekt han-<br />
12 Burn-out Effekt: Ermüdungserscheinung, die typischerweise bei einer grossen Anzahl von hinterein<strong>and</strong>er auszuführenden Bewertungsschritten auftritt.<br />
Der Burn-out Effekt resultiert in abnehmender Fähigkeit, komplexe Wirkmechanismen in die Bewertung mit einzubeziehen.<br />
UNS-Fallstudie 2002 155