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Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...

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<strong>Appenzell</strong>er Textilindustrie<br />

4 Varianten und Szenarien<br />

Varianten beschreiben Entwicklungen bzw. zukünftige<br />

Zustände eines Systems. In unserem Fall bedeutet das die<br />

Beschreibung möglicher Entwicklungen, welche die <strong>Appenzell</strong>er<br />

Textilbetriebe in den kommenden 20 Jahren<br />

nehmen könnten. Eine Variante resultiert dabei aus der<br />

Kombination der Ausprägungen der (internen) Systemgrössen.<br />

Ein Szenario entsteht prinzipiell gleich, mit dem<br />

Unterschied, dass es sich um Einflussfaktoren h<strong>and</strong>elt, deren<br />

Ausprägungen kombiniert werden, und dass es sich<br />

um eine hypothetische, vom System nicht beeinflussbare<br />

äussere Entwicklung h<strong>and</strong>elt.<br />

Für die formative wie die intuitive Varianten- und Szenariokonstruktion<br />

wurden die Erkenntnisse aus der Systemanalyse<br />

eingebracht. Jede der intuitiv entst<strong>and</strong>enen<br />

Varianten wurde anschliessend in die Sprache der Systemgrössen<br />

aus der formativen Szenarioanalyse (s. Kap.<br />

3.6) übersetzt, sodass nach Durchführung der Konsistenzanalyse<br />

jeder intuitiv erarbeiteten Variante die entsprechende<br />

Systemgrössen-Ausprägungs-Kombination des<br />

formativen Verfahrens zugewiesen werden konnte. Somit<br />

wurden vier konkrete Varianten aus beiden methodischen<br />

Wegen synthetisiert, die im Folgenden dargelegt werden<br />

(s. Kap. 4.1). In einem zweiten Abschnitt werden die vier<br />

nach gleichem Verfahren wie die Varianten entst<strong>and</strong>enen<br />

(Rahmen-) Szenarien skizziert (s. Kap. 4.2). Im dritten<br />

Abschnitt (s. Kap. 4.3) werden die Varianten auf ihre<br />

Verträglichkeit bezüglich äusseren Rahmenbedingungen<br />

überprüft (Robustheitsanalyse).<br />

4.1 Varianten<br />

Zur Übersicht seien hier die Ausprägungskombinationen<br />

der Systemgrössen für die vier Varianten dargestellt (s.<br />

Tab. 4.1). Gleichzeitig sind den Ausprägungen Werte zugeordnet,<br />

welche die Unterschiede zwischen den Varianten<br />

quantitativ verdeutlichen.<br />

In den nachfolgenden Abschnitten werden die vier Varianten,<br />

basierend auf den in Tabelle 4.1 dargestellten Informationen,<br />

detailliert beschrieben.<br />

4.1.1 Variante: Minimale Kooperation<br />

Die wirtschaftliche Unabhängigkeit<br />

der Einzelbetriebe<br />

wird, mit all ihren positiven<br />

und negativen Begleiterscheinungen,<br />

aufrechterhalten.<br />

Dies verhindert die Bereitschaft<br />

zu intensiveren Kooperationen<br />

zwischen den einzelnen<br />

Betrieben und hat eine dezentrale<br />

Produktion zu Folge.<br />

Da bei gleichbleibenden Strukturen keine zusätzlichen<br />

Erträge zu erwarten sind, bleibt die Investitionspolitik der<br />

Unternehmen tief, d.h. bei weniger als 5% des Umsatzes.<br />

Investitionen im Bereich Umwelt bleiben gleich oder<br />

nehmen sogar ab. Durch ein hohes Mass an Selbständigkeit<br />

bleiben die Firmen von einer hohen Verschuldung<br />

verschont.<br />

Der regionale Personalbest<strong>and</strong> im textilen Sektor wird<br />

weiterhin rückläufig sein; die Schulungsangebote nehmen<br />

betriebsextern ab und müssen vorwiegend intern gestaltet<br />

werden. Somit werden im Rahmen dieser Variante 75%<br />

der Ausbildungszeit betriebsintern abgewickelt.<br />

Die Arbeitsplatzqualität bleibt im Vergleich mit <strong>and</strong>eren<br />

Wirtschaftszweigen schlecht, denn nur 30% der Stellen<br />

fordern hohe Anforderungen an den Mitarbeitenden;<br />

entsprechend sind die zu erwartenden Durchschnittslöhne<br />

niedrig.<br />

Die Betriebe werden mehrheitlich familiär geführt, was<br />

zur Folge hat, dass zwar flache Strukturen mit lediglich 3<br />

bis 7 Strukturebenen vorherrschen, jedoch durchaus auch<br />

hierarchische Managementprozesse in einigen Betrieben<br />

auftreten. Die aktuellen Strukturen und Vorgehensweisen<br />

des Systems werden beibehalten; es bleibt somit reaktiv<br />

statt pro-aktiv, und externe Faktoren bleiben mit ihren positiven<br />

und negativen Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit<br />

und Konkurrenzfähigkeit der Einzelbetriebe entscheidend.<br />

Die H<strong>and</strong>habung der Ressourcen bleibt weitgehend den<br />

einzelnen Unternehmen überlassen, wodurch Skaleneffekte<br />

entstehen (zur Herstellung einer Einheit eines Produktes<br />

braucht es fast gleichviel Ressourcen wie zur Herstellung<br />

von 1000 Einheiten, da das Gros der Ressourcen<br />

zur Betreibung der Maschinen verwendet wird; somit<br />

sinkt der Ressourcenaufw<strong>and</strong> pro Einheit mit jeder zusätzlich<br />

produzierten) und Entwicklungen zur effektiveren<br />

Ressourcennutzung nicht optimal ausgenützt werden können.<br />

Die vorgesehene gesetzliche Einführung der CO 2 -<br />

Abgabe wird bei einigen Betrieben zu hohen Kosten und<br />

somit zu Ertragseinbussen führen, wenn keine Branchenlösung<br />

für die Textilindustrie gefunden wird.<br />

Da mit hohen Kosten verbunden, bleiben die zu erwartenden<br />

Raten der betriebsinternen Forschung und Entwicklung<br />

(F&E) bei Werten von weniger als 1% des Umsatzes.<br />

Die Mitgliedschaft der einzelnen Betriebe im Textilverb<strong>and</strong><br />

bleibt wie bisher je nach Betrieb passiv bis aktiv.<br />

In der Variante Minimale Kooperation wird die gegenwärtige<br />

informelle Zusammenarbeit aufgrund lockerer<br />

Vereinbarungen der unterschiedlichen Textilbetriebe auch<br />

die Zukunft prägen. Die heutigen Betriebe und ihre<br />

St<strong>and</strong>orte werden beibehalten, punktuelle Kooperationen<br />

genutzt, intensivere Kooperationen werden nicht speziell<br />

gefördert. Das Produzentennetzwerk ist und bleibt wenig<br />

vernetzt. Einzelne Betriebe sind jedoch bereits stark vertikalisiert.<br />

Die weiterhin selbständigen Betriebe bestimmen<br />

84 UNS-Fallstudie 2002

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