Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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Milchwirtschaft im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong><br />
Rücksprache mit Fachleuten wurde dieses Modell fallengelassen.<br />
In einer zweiten Phase wurde ein vollkommen<br />
neues Modell für den Verarbeitungszweig entwickelt. Als<br />
wichtiger Schritt erwies sich die SWOT-Analyse, die eine<br />
Liste von Vor- und Nachteilen des Systems hervorbrachte,<br />
aber auch Chancen und Risiken benannte. In einem<br />
intensiven Prozess, an dem das ganze Studienteam beteiligt<br />
war, wurde mittels Brainstorming und aus Literaturund<br />
Internetrecherchen das vorliegende Set von Systemelementen<br />
identifiziert und definiert. Die Systemelemente<br />
wurden abschliessend mit Fachleuten diskutiert und dann<br />
bereinigt. Bei der späteren Matrizenbewertung sind dann<br />
Ungereimtheiten aufgetaucht, die aus zeitlicher Einschränkung<br />
nur teilweise rückgängig gemacht werden<br />
konnten.<br />
Als grösstes Problem erwies sich die genaue Definition<br />
der Elemente, da diese meist sehr globale Sachverhalte<br />
beschreiben mussten. Eine weitere Schwierigkeit best<strong>and</strong><br />
darin, zu entscheiden, inwieweit es beim jeweiligen Element<br />
um eine Steuergrösse (interne Systemgrösse) oder<br />
um einen nicht oder kaum beeinflussbaren externen Einflussfaktor<br />
h<strong>and</strong>elt. So kann beispielsweise der Milchpreis<br />
auch als externer Einflussfaktor aufgefasst werden, da die<br />
Milchverarbeiter nicht die alleinigen Akteure in der<br />
Milchkette sind, und der Milchpreis auch von <strong>and</strong>eren<br />
Faktoren/Akteuren beeinflussbar ist. Zudem sollten Systemelemente<br />
quantifizierbar und gleichwohl von Bewertungsindikatoren<br />
unterscheidbar sein.<br />
Das Verfahren zur Findung geeigneter Deskriptoren ist<br />
nicht st<strong>and</strong>ardisierbar – je nach Team werden <strong>and</strong>ere Systemelemente<br />
benannt – und es muss jeweils kritisch hinterfragt<br />
und durch verschiedene Akteur- und Expertenmeinungen<br />
sowie durch Literatur abgestützt werden, dass<br />
die relevanten Beschreibungselemente erfasst werden. Im<br />
Rahmen der Fallstudie geht es nicht primär um eine vollständige<br />
und exakte Systemabbildung, wichtiger ist das<br />
System so weit formal zu erfassen, dass mögliche unterschiedliche<br />
Entwicklungsrichtungen abgeleitet werden<br />
können. In Anbetracht der plausiblen Varianten, die mit<br />
den Elementen konstruiert werden konnten (im ungünstigsten<br />
Fall hätten fehlende Beschreibungselemente in<br />
die Matrizen aufgenommen und die Matrizen neu bewertet<br />
werden müssen), darf davon ausgegangen werden,<br />
dass diese Anforderung im vorliegenden Fall weitgehend<br />
erfüllt ist.<br />
Matrizenbewertung<br />
Das Bewerten von Matrizen (Einflussmatrix/Konsistenzmatrix)<br />
ist ein wichtiger Schritt im Szenarioprozess und<br />
ist sehr aufwendig. Pro Matrize sind je nach Anzahl Elemente<br />
weit über 100 Einzelbewertungen erforderlich. Die<br />
Reliabilität der Bewertung wird dadurch gesteigert, indem<br />
am Bewertungsprozess mehrere Personen mitbeteiligt<br />
sind. Im vorliegenden Fall wurde die Bewertung von drei<br />
oder fünf Studierenden jeweils einzeln durchgeführt. Abweichungen<br />
wurden intensiv diskutiert und bereinigt.<br />
Beim Bewertungsvorgang wurden ein paar Unstimmigkeiten<br />
bei der Definition von Systemelementen entdeckt,<br />
die nur teilweise eliminiert werden konnten.<br />
Das Verfahren hängt sehr stark von der Konzentration<br />
der Bewertungspersonen und von deren Vorwissen ab. Im<br />
Idealfall würden alle Teammitglieder eine Einzelbewertung<br />
durchführen. Unterschiede in der Einschätzung<br />
müssten aber auch in diesem Fall intensiv diskutiert werden,<br />
wobei dann die plausibleren Argumente die Wertzuordnung<br />
ergeben. Bei vollkommener Uneinigkeit wäre eine<br />
externe Validierung notwendig.<br />
Expertenbefragungen<br />
Wichtiges Merkmal der Fallstudienarbeit ist der Einbezug<br />
von Fachexperten. Dabei können Fachexperten sowohl<br />
dem Praxis- als auch dem Hochschul- oder Wissenschaftsbereich<br />
zugehören. Experten wurden insbesondere<br />
bei der Systemanalyse und später bei der datengestützten<br />
Bewertung (MAUT I) zugezogen. Die Experten wurden<br />
primär um Ein- und Abschätzungen befragt, um die Erkenntnisse<br />
des Studienteams zu validieren bzw. zu erweitern.<br />
Es wurde Wert darauf gelegt, jeweils mehr als<br />
eine Meinung zu einem Thema zu erschliessen. Die<br />
Schwierigkeit best<strong>and</strong> darin, dass je nach Fragestellung<br />
nicht immer eine Person mit adäquatem Wissen zur Verfügung<br />
st<strong>and</strong>. Das bereitete, insbesondere bei der Wertschöpfungsabschätzung,<br />
Schwierigkeiten, zumal in diesem<br />
Fall betriebliche Daten vorlagen, die teilweise widersprüchlich<br />
waren. Insgesamt kann aber gefolgert werden,<br />
dass die Expertenbefragung ein äusserst effizientes Mittel<br />
ist, in knapper Zeit Wissenslücken zu schliessen und das<br />
Wissen zu verknüpfen sowie einzuordnen.<br />
Transdisziplinarität<br />
Es ist ein zentraler Wesenszug der <strong>ETH</strong>-UNS Fallstudie,<br />
der angew<strong>and</strong>ten Lehrforschung, dass sie keine Berührungsängste<br />
zur Praxis hat: Hochschulwissen und Praxiswissen<br />
zusammenbringen, Einbezug der Fallakteure von<br />
der Problem-/Zieldefinition bis zur Ausarbeitung von Lösungsansätzen.<br />
Dieser methodische Ansatz hat sich bei<br />
der Arbeit der Studierenden bewährt. Beide Seiten profitieren<br />
dabei gleichermassen. So waren beispielsweise<br />
beim ersten Begleitgruppentreffen teilweise noch massive<br />
Berührungsängste zwischen den verschiedenen Akteuren<br />
der Milchkette zu spüren, die sich im Verlauf der weiteren<br />
Arbeit legten. Es wurde erkannt, dass man sich im selben<br />
Boot befindet. Ein Erfolg, wie wir meinen, der die<br />
Grundlage für eine neue Art von Zusammenarbeit sein<br />
könnte. Die Studierenden wurden mit ganz realen Problemen<br />
konfrontiert, für deren Lösung kein Lehrbuch her-<br />
220 UNS-Fallstudie 2002