Appenzell Ausserrhoden - ETH Zurich - Natural and Social Science ...
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<strong>Appenzell</strong>er Textilindustrie<br />
3 Systemanalyse<br />
Abb. 2.5: Bewertungsparcours. Akteur, Dr. Thomas<br />
Schweizer, Direktor des Textilverb<strong>and</strong>es Schweiz, bewertet<br />
die Varianten.<br />
je einzeln durchgearbeitet. Durchschnittlich dauerte ein<br />
Durchlauf 90 Minuten.<br />
Jede bewertende Person wurde im Eingangsbereich von<br />
einer/einem Studierenden in Empfang genommen und<br />
durch den ganzen Parcours geführt. Zum Schluss hatte<br />
der/die Bewertende die Möglichkeit, ein Feedback zum<br />
Parcours abzugeben und allfällige Klärungsfragen zu<br />
stellen.<br />
Am ersten Posten wurde die intuitive Bewertung durchgeführt.<br />
Die Varianten wurden mit Poster und st<strong>and</strong>ardisiertem<br />
Text (ab Tonb<strong>and</strong>) einheitlich vorgestellt. Danach<br />
hatten die Teilnehmenden die Aufgabe, jede Variante insgesamt<br />
mit einem Nutzenwert zwischen 0 (kein Nutzen)<br />
und 100 (maximal möglicher Nutzen) zu bewerten. Dadurch<br />
wurde eine Rangreihenfolge zwischen den Varianten<br />
sichtbar.<br />
Am zweiten Posten wurden die elf Bewertungskriterien<br />
vorgestellt und von den Teilnehmenden mit Werten zwischen<br />
0 und 100 nach ihrer Wichtigkeit gewichtet.<br />
Gleichzeitig hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit,<br />
weitere, ihrer Ansicht nach fehlende Kriterien zu formulieren<br />
oder bestehende Kriterien abzuwählen. Mit den<br />
vorab definierten Kriterien wurden anschliessend die vier<br />
Varianten einzeln bewertet. Es wurden wiederum Nutzwerte<br />
zwischen 0 und 100 vergeben.<br />
Die Resultate der Bewertung wurden anschliessend mit<br />
Hilfe des Statistikprogramms SPSS ausgewertet, um Vergleiche<br />
zwischen den verschiedenen Akteursgruppen aber<br />
auch zwischen den Bewertungsverfahren MAUT I und<br />
MAUT II vornehmen zu können.<br />
Der erste Schritt zur Beantwortung der eingangs gestellten<br />
Leitfrage (s. Kap. 1.3) ist eine fundierte Analyse des<br />
Systems. Dieser Arbeitsschritt ist insofern von zentraler<br />
Bedeutung, als er die Grundlage für die spätere Variantenentwicklung<br />
liefert. Einleitend haben wir uns mit einem<br />
historischem Abriss (s. Kap.1.1) einen ersten Überblick<br />
über Entwicklung und den derzeitigen Verlauf der<br />
Textilindustrie verschafft.<br />
Um das komplexe System der Textilindustrie im <strong>Appenzell</strong>erl<strong>and</strong><br />
in der hinreichenden Breite und Tiefe erfassen<br />
und modellmässig beschreiben zu können, betrachten<br />
wir entsprechend dem Linsenmodell von Brunswik<br />
(Scholz & Tietje, 2002, S. 36ff) verschiedene Analyseebenen.<br />
In den ersten beiden Abschnitten zeichnen wir ein Bild<br />
der Produktions- (s. Kap. 3.1) und der Wertschöpfungskette<br />
(s. Kap. 3.2). Anschliessend konzentrieren wir uns<br />
auf die betriebliche Ebene (<strong>Appenzell</strong>er) Textilindustrie<br />
(s. Kap. 3.3-3.5). Dabei beleuchten wir gemäss der Idee<br />
der Nachhaltigkeit sowohl wirtschaftliche (s. Kap. 3.3),<br />
ökologische (s. Kap. 3.4) und soziale Aspekte (s. Kap.<br />
3.5). Die Erkenntnisse dieser Analyseschritte verbunden<br />
mit dem Wissen aus der historischen Betrachtung (s. Kap.<br />
1) werden zu einem Systemmodell (s. Kap. 3.6) verdichtet,<br />
das als Basis für die formative Variantenentwicklung<br />
dient.<br />
3.1 Produktionskette<br />
Die Herstellung der verschiedenen textilen Produkte bedingt<br />
einen jeweils spezifischen Weg durch die verschiedenen<br />
Betriebe und Prozesse. Es gibt folglich keine allgemein<br />
gültige Prozesskette, sondern die Prozessabfolgen<br />
sind artikelspezifisch. Um die textile Produktion in den<br />
erweiterten Kontext zu stellen, sind nachfolgend die Güter-<br />
und Dienstleistungsflüsse in die textile Produktion<br />
und aus ihr heraus dargestellt (s. Kap. 3.1.1 und 3.1.2).<br />
3.1.1 Textile Produktion<br />
Die textile Wertschöpfungskette umfasst die Schritte Design,<br />
Rohstoffgewinnung, Garnherstellung, Flächenherstellung,<br />
mechanische Bearbeitung (Scherlen, Sticken),<br />
chemische (und mechanische) Veredlung und Konfektion<br />
(s. Abb. 3.1). Je nach Produkt – und es gibt eine Vielzahl<br />
hergestellter Textilprodukte – werden dabei verschiedene<br />
Stufen mehrmals durchlaufen, oder sie können gänzlich<br />
entfallen. Es gibt allerdings einige Produktionsschritte,<br />
die sämtliche gewobenen oder gestickten Waren auf die<br />
eine oder <strong>and</strong>ere Art durchlaufen müssen. So kann beispielsweise<br />
das Garn, ohne dass es in die Flächenherstellung<br />
und von dort in die Stickerei gelangt, direkt der Ver-<br />
60 UNS-Fallstudie 2002