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Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.

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Deren Freizeit ist oft stark reglementiert, zum Spielen bleibt angesichts der intensiven<br />

Schulvorbereitung zusätzlich zur Erledigung der anderen familiären Pflichten nur wenig Zeit.<br />

Selbst während des einzigen Urlaubs, den die Familie in der Regel <strong>unter</strong>nimmt, der<br />

obligatorischen Reise nach Vietnam etwa alle zwei bis drei Jahre, wird von den Kindern<br />

scheinbar teilweise erwartet, dass sie dort den Kindergarten oder die Schule besuchen, um ihr<br />

Vietnamesisch zu verbessern. 461 ‚Frei’ hätten die Kinder im Grunde genommen nur an <strong>einem</strong><br />

Tag in der Woche, dem Samstag, wie eine Interviewpartnerin betont. 462<br />

Nicht selten scheint die schulische Leistung vietnamesisch-stämmiger Kinder zu Hause sogar<br />

strengeren Maßstäben genügen zu müssen als in der Schule. Eine Note ‚zwei’ ist<br />

beispielsweise in den Augen der Eltern oft schon nicht gut genug, und selbst vom Lehrer<br />

gelobte, sehr gute Ergebnisse ernten bisweilen zu Hause aufgrund kleinerer Fehler Kritik. 463<br />

Das Verständnis der Eltern für die sozialen Kompetenzen fördernde Aktivitäten wie<br />

Arbeitsgemeinschaften oder Schulfreizeiten oder für die kindliche Kreativität weckende<br />

musische Beschäftigungen ist dabei offenbar relativ gering. 464 Dieses Phänomen erklärt sich<br />

eine Gesprächspartnerin folgendermaßen:<br />

„Sie kriegen das schon mit in den Medien, dass also zum Beispiel die Bildung im Argen ist in Deutschland. Sie<br />

kriegen mit, wenn sie in Urlaub fahren, dass die Kinder in Vietnam, wenn sie sechs sind, schon lesen können und<br />

rechnen können, ihre eigenen Kinder gar nix können. Und sie vergleichen dann ihre eigenen Kinder und die<br />

Kinder in Vietnam. Sie verstehen nicht, dass […] unser Bildungssystem anders aufgebaut ist, dass [...] [zu, C.B.]<br />

Bildung zum Beispiel auch gehört eine Sozialbildung, […] dass man in der Freizeit sich bildet, indem man<br />

Freizeit hat, ist also völlig außerhalb jeglichen Verständnisses.“ 465<br />

Neben der trotz ihrer zumeist geringen Deutschkenntnisse von vielen Eltern offenbar<br />

wahrgenommenen ‚PISA-Debatte’ scheinen auch in Deutschland empfangbare<br />

vietnamesische Medien wie das Staatsfernsehen diese elterliche Haltung zu bestärken, indem<br />

dort beispielsweise die Vorzüge des japanischen oder koreanischen Schulsystems<br />

hervorgehoben werden, wo Kinder bereits im Vorschulalter schreiben lernen und wo, wie in<br />

Vietnam, viel Wert auf Faktenwissen und weniger Wert auf Diskussion und kritisches Denken<br />

gelegt wird. 466<br />

461<br />

Vgl. Interview 2.<br />

462<br />

Vgl. Interview 1.<br />

463<br />

Vgl. Mai 2003 in: http://www.taz.de/pt/2003/08/13/a0189.nf/text.<br />

464<br />

Vgl. Mai 2003 in: http://www.taz.de/pt/2003/08/13/a0189.nf/text, Interviews 1 und 2.<br />

465<br />

Interview 1.<br />

466<br />

Vgl. Mai 2003 in: http://www.taz.de/pt/2003/08/13/a0189.nf/text.<br />

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