Aus allen Quellen trinken - Gemeinsam unter einem Dach e.v.
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Bestätigung der gerade geschilderten Beobachtung wies die hierzu befragte Expertin darauf<br />
hin, dass viele Jugendliche, die aus Vietnam gekommen seien, schon dort Erfahrungen mit<br />
harten Drogen gemacht hätten. Des Öfteren hörten sie mit dem Konsum auf, bevor sie nach<br />
Deutschland kämen, in der Hoffnung, dass sie dort bessere Bildungs- und<br />
Arbeitsmöglichkeiten, die Chance auf ein besseres Leben erwarteten:<br />
„ […] und weil es hier aber nicht so ist, nicht so einfach, wie sie sich das vorgestellt haben, fangen sie wieder an<br />
mit Drogen, und dann so heftig, dass sie in kurzer Zeit….also wir haben einige Klienten, die drei Monate in<br />
Deutschland sind und zwei Monate ‚drauf’ 557 sind. Zu Hause hatten sie kurze Zeit aufgehört, sind ein halbes<br />
Jahr, ein Jahr sauber geblieben und so weiter, kommen hierher und fangen sofort mit Drogen an, ja?! Die fremde<br />
Umgebung, allein zu sein, falsche Vorstellungen, einsam sein, und so weiter.“ 558<br />
In direktem Widerspruch zu Banston und Zhou scheinen vor allem die im Alter von etwa 15,<br />
16 Jahren aus Vietnam nach Deutschland gekommenen Jugendlichen gefährdet zu sein,<br />
drogenabhängig zu werden. Sie seien in Vietnam schon „verwurzelt“ 559 , weil innerhalb der<br />
erweiterten Familie aufgewachsen, hätten dort ihren festen Freundeskreis und ihre eigenen<br />
Vorstellungen vom Leben. Oft kämen sie nach einer anfänglichen Begeisterung, nach<br />
Deutschland emigrieren zu können, mit der Neuorientierung in der völlig fremden Umgebung<br />
schwer zurecht. Hier wird deutlich, dass die im Kontext der schulischen Sozialisierung nur<br />
vereinzelt thematisierten Unsicherheiten und Ängste des Fremdseins sehr wohl massiv zum<br />
Tragen kommen können. Da es vietnamesische Dealer gäbe, die speziell ihre Landsleute<br />
bedienten, seien Sprachbarriere und Marginalisierung auch kein Hindernis für den Erwerb der<br />
Drogen. 560 Ein Charakteristikum des Suchtverhaltens vietnamesischer Jugendlicher sei die<br />
relative Unaufgeklärtheit bezüglich der Gefahren, die von Drogen ausgehen. Viele seien der<br />
Ansicht, Heroin oder Kokain seien „wie Vitamine“ 561 , etwas Gesundes, das ‚fit’ und aktiv<br />
mache. Das Konzept der Abhängigkeit als psychische Krankheit spiele aus bereits erörterten<br />
Gründen in ihrem Bewusstsein kaum eine Rolle. Dieses Problem, gepaart mit der starken<br />
Tabuisierung des Themas, erschwere die suchttherapeutische Arbeit mit dieser Gruppe. Vor<br />
allem die Eltern von Abhängigen verstünden oft nicht, dass auch sie ihr Verhalten ändern<br />
müssen, um den Heilungsprozess ihres Kindes zu <strong>unter</strong>stützen:<br />
557 Umgangssprachlich für ‚Drogen konsumieren’.<br />
558 Interview 4.<br />
559 Ebenda.<br />
560 Vgl. ebenda.<br />
561 Ebenda.<br />
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